reichem Mafse zuteil werden liefs, 222 ) versagte er ihm im Laufe
der Jahre immer mehr. Uneinigkeit auf dem Gebiete der Politik,
Eifersucht auf dem der Dichtung waren schuld an diesem Wandel.
Übrigens hatte Chateaubriand dem aufgehenden Sterne La-
martines gegenüber von Anfang an eine zurückhaltende Stellung
eingenommen, wodurch es bis zu einem gewissen Grade erklärlich
wird, dafs Lamartines Begeisterung allmählich abflaute, dafs- er,
sich durch diese Mifsachtung verletzt fühlend, diese mit einer
Herabminderung seiner Wertschätzung vergalt. Vor der Öffent
lichkeit indessen bewahrten beide Dichter das „Decorum“, — um
Ste-Beuves Ausdruck zu gebrauchen; „ils ont toujours ete bien
officiellement et solenellement, par bon goüt.“ 223 ) Aber im Ge
spräche mit vertrauten Freunden, hinter dem Rücken des Rivalen,
liefs ein jeder der beiden Dichter durchblicken, dafs er über den
andern nicht eben gerade freundlich denke. Nach Chateaubriands
Tode schliefslich trug Lamartine kein Bedenken, sein abfälliges
Urteil über Chateaubriand auch öffentlich zum Ausdruck zu
bringen. 224 )
Dafs diese Stellungnahme Chateaubriands und Lamartines zu
einander eine weitgehende Parallele in dem Verhältnisse Bernardin
de St-Pierres zu Chateaubriand, — und umgekehrt, — findet, ist
oben schon beiläufig erwähnt worden, 225 ) möge aber hier ab-
schliefsend noch einmal hervorgehoben werden.