Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

77 
nahmsweise eine Handlung vor sich gehen. Jeder von beiden hat 
gelegentlich einen Kerker zu schildern, 153 ) oder eine Grotte, 154 ) 
oder einen sonstigen geschlossenen Raum, aber man merkt leicht, 
dafs sie sich auf diesem Gebiete der Schilderung nicht heimisch 
fühlen: Sie bemühen sich dann gar nicht oder doch nur wenig, 
die Szenerie zu malen, — sie wird gewöhnlich nur angedeutet. Die 
Landschaft eben ist recht eigentlich der Rahmen ihrer Dichtung. 
Aber auch in dieser Beziehung ist eine Steigerung und eine Ver 
innerlichung bei Lamartine Chateaubriand gegenüber festzustellen. 
Barat sagt hierüber: „Ce sentiment de la nature avait ete une 
passion litteraire au temps de J.-J. Rousseau, une admiration 
d’artiste avec Chateaubriand; il devient avec lui [Lamartine] une 
des plus serieuses et des plus süres affections humaines, la nature 
devient l’amie dont la beaute fait aimer et vivre (Ischia), dont le 
calme penetre et console (Vallon). Par lui la nature devient 
poesie et tout ce qui est en eile, c’est a dire tout, absolument 
tout, devient poetique, et il pourrait parier de tout en vers sans 
precautions ni periphrases, puisqu’il aime vraiment ce dont il 
parle.“ 155 ) 
§ 7. 
Der sprachliche Ausdruck. 
Der jugendliche V. Hugo hatte die „Meditations“ Lamartines 
bei ihrem Erscheinen mit Freuden begriifst; er erblickte in ihnen 
die Schöpfungen einer wahren Dichterseele und forderte den un 
bekannten Dichter derselben 156 ) auf, mutig auf der eingeschlagenen 
Bahn fortzuschreiten. Aber trotz seiner Begeisterung waren ihm 
„die wiederholten Nachlässigkeiten, die Neologismen, die Wieder 
holungen und die Unklarheit“, die manchmal in den Dichtungen 
auftraten, nicht entgangen.’ 57 ) — Dieselben Fehler waren Chateau 
briand vorgeworfen worden, als er mit seiner ersten Dichtung in die 
Öffentlichkeit trat. 158 ) Bei jeder neuen Veröffentlichung der beiden 
Dichter wurden dieselben Vorwürfe von neuem erhoben, ohne dafs 
die Angegriffenen von solcher Kritik Notiz nahmen. Chateau 
briand erlaubte sich, wie es scheint, geflissentlich jene Neuerungen, 
zunächst, weil er durch sie seine französische Muttersprache zu 
fördern und ihr gröfsere dichterische Ausdrucksfähigkeit zu ver 
leihen bestrebt war; in späteren Werken scheute er vor sprach 
lichen Gewaltsamkeiten um so weniger zurück, als jüngere Dichter,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.