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„Ich“ auf. Im Gegenteil, die Poesie, sagt er, „ne veut plus de
mannequin, eile n’invente plus de machine; car la premiere chose
que fait maintenant l’esprit du lecteur, c’est de depouiller le
mannequin, c’est de demonter la machine et de chercher la
poesie seule dans l’ceuvre poetique, et de chercher aussi Farne du
poete sous sa poesie.“ 21 ) Nirgends entschuldigt sich der Dichter,
wie wir dieses soeben bei Chateaubriand gesehen haben, beim
Leser, dafs er seine Person zu stark in den Vordergrund gedrängt
habe, — und in wie viel höheren Mafse ist es hier der Fall als
dort! Unter den dreifsig Dichtungen seiner ersten Meditationen
sind nur vier, in denen der Dichter nicht persönlich, deutlich
sichtbar vor unser Auge tritt. Es sind: La Providence ä l’homme,
La Gloire, Le Genie und La poesie sacree. In dieser letzten
Meditation ist jedoch Hiob 22 ) der als Sprecher eingeführt wird,
bis zu einem gewissen Grade wieder ein Abbild des Dichters. 23 )
Das erst genannte Gedicht schliefst seines Inhaltes wegen irgend
ein persönliches Hervortreten des Dichters gänzlich aus; in „La
Gloire“ haben wir insofern einen leicht subjektiven Zug, als La
martine neben dem spanischen Dichter Fracisco Manoel de
Nascimento, an den die Ode gerichtet ist, auch sich indirekt er
wähnt, wenn er sagt: „. . . la lyre est ä nous“ 24 ) und „Quand
nous ne sommes plus, notre ombre a des autels.“ 25 ) Ebenso in
„Le Genie“: Diese Dichtung ist eine Huldigung, M. de Bonald
von seinen Anhängern dargebracht, deren Sprecher Lamartine ist:
„. . . . si tu re<jois des blessures, — Nous les couvrirons de
lauriers!“ 26 ) In gleicher Weise spricht er in „La semaine sainte
ä la Roche-Guyon“ im Namen der Bewohner des Klosters: „Jeunes,
nous avons fui dans cet heureux sejour, — Notre reve est fini, . ,“ 27 )
Aber wenige Verse weiter unten hat der Dichter seine Sprecher
rolle schon vergessen und von Vers 29 an bis zum Schlüsse ist es
seine Persönlichkeit allein mit ihren Wünschen und ihren Klagen,
die uns entgegentritt. Es ist diese Meditation ein interessantes
Parallelbeispiel zu der Seite 58 angeführten Stelle aus Chateau-
briands G. d. ch. Wie dort der Verfasser vom objektiven „on“
zum subjektiven „moi“ übergeht, so tritt auch hier für das aller
dings nicht völlig objektive, aber ebensowenig durchaus subjek
tive „nous“ bald die eigene Person des Dichters ein. 28 )
Dieselbe Subjektivität zeigt sich in allen weiteren Werken des
Dichters: in den „Nouvelles meditations poetiques“, in den „Har-
monies poetiques et x’eligieuses“, in „Jocelyn“, 29 ) in der „Chute d’un