Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

60 
„Ich“ auf. Im Gegenteil, die Poesie, sagt er, „ne veut plus de 
mannequin, eile n’invente plus de machine; car la premiere chose 
que fait maintenant l’esprit du lecteur, c’est de depouiller le 
mannequin, c’est de demonter la machine et de chercher la 
poesie seule dans l’ceuvre poetique, et de chercher aussi Farne du 
poete sous sa poesie.“ 21 ) Nirgends entschuldigt sich der Dichter, 
wie wir dieses soeben bei Chateaubriand gesehen haben, beim 
Leser, dafs er seine Person zu stark in den Vordergrund gedrängt 
habe, — und in wie viel höheren Mafse ist es hier der Fall als 
dort! Unter den dreifsig Dichtungen seiner ersten Meditationen 
sind nur vier, in denen der Dichter nicht persönlich, deutlich 
sichtbar vor unser Auge tritt. Es sind: La Providence ä l’homme, 
La Gloire, Le Genie und La poesie sacree. In dieser letzten 
Meditation ist jedoch Hiob 22 ) der als Sprecher eingeführt wird, 
bis zu einem gewissen Grade wieder ein Abbild des Dichters. 23 ) 
Das erst genannte Gedicht schliefst seines Inhaltes wegen irgend 
ein persönliches Hervortreten des Dichters gänzlich aus; in „La 
Gloire“ haben wir insofern einen leicht subjektiven Zug, als La 
martine neben dem spanischen Dichter Fracisco Manoel de 
Nascimento, an den die Ode gerichtet ist, auch sich indirekt er 
wähnt, wenn er sagt: „. . . la lyre est ä nous“ 24 ) und „Quand 
nous ne sommes plus, notre ombre a des autels.“ 25 ) Ebenso in 
„Le Genie“: Diese Dichtung ist eine Huldigung, M. de Bonald 
von seinen Anhängern dargebracht, deren Sprecher Lamartine ist: 
„. . . . si tu re<jois des blessures, — Nous les couvrirons de 
lauriers!“ 26 ) In gleicher Weise spricht er in „La semaine sainte 
ä la Roche-Guyon“ im Namen der Bewohner des Klosters: „Jeunes, 
nous avons fui dans cet heureux sejour, — Notre reve est fini, . ,“ 27 ) 
Aber wenige Verse weiter unten hat der Dichter seine Sprecher 
rolle schon vergessen und von Vers 29 an bis zum Schlüsse ist es 
seine Persönlichkeit allein mit ihren Wünschen und ihren Klagen, 
die uns entgegentritt. Es ist diese Meditation ein interessantes 
Parallelbeispiel zu der Seite 58 angeführten Stelle aus Chateau- 
briands G. d. ch. Wie dort der Verfasser vom objektiven „on“ 
zum subjektiven „moi“ übergeht, so tritt auch hier für das aller 
dings nicht völlig objektive, aber ebensowenig durchaus subjek 
tive „nous“ bald die eigene Person des Dichters ein. 28 ) 
Dieselbe Subjektivität zeigt sich in allen weiteren Werken des 
Dichters: in den „Nouvelles meditations poetiques“, in den „Har- 
monies poetiques et x’eligieuses“, in „Jocelyn“, 29 ) in der „Chute d’un
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.