Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

55 
haften Rufes, an die Hortense Allart fesselte. 113 ) Dafs Chateau 
briand diese Dinge in seiner Selbstbiographie unterdrückt, bedarf 
nach dem bisher Gesagten kaum der Erwähnung. 
Schliefslich lassen auch seine teilweise sehr engen Beziehungen 
zu den bedeutendsten Freidenkern jener Jahre wie Lamenais, 114 ) 
Armand Carrel und sogar mit dem noch ungleich radikaleren 
Beranger bei seiner sonstigen, allerdings zu seiner Rolle gehörigen 
Unduldsamkeit, seine religiöse Überzeugung als eine wenig ge 
festigte erscheinen. 
§ 4. 
Zusammenfassende Betrachtung. 
Wie für den Lebensgang Chateaubriands und Lamartines er 
gibt sich nach dem in diesem Kapitel Dargelegten ein, wenn auch 
nicht gleich weit gehender Parallelismus für ihre Stellungnahme 
der Aufklärungsphilosophie und Weltanschauung des 18. Jahr 
hunderts gegenüber, sowie für ihre religiös-kirchlichen Anschauungen. 
Beide mit einem schier unersättlichen Gefühlsdrange begabt, 
fühlen sie sich, bald nachdem sie mit ihnen bekannt geworden 
sind, von den kalt berechnenden Aufklärungsphilosophen zurück- 
gestofsen, da deren Doktrinen dem Empfinden gar keinen Spiel 
raum lassen. Rousseau und Saint-Pierre, die dem inneren Ge 
fühlsleben Chateaubriands und Lamartines den ersehnten Stoff 
in Fülle bieten, ziehen sie mächtig an. 
Jeder der beiden Dichterknaben empfängt im Elternhause 
von frühester Kindheit an mehr oder weniger tiefgehende religiöse 
Eindrücke, die in den von Geistlichen geleiteten Schulen, die sie 
nach dem Verlassen des Elternhauses beziehen, vermehrt bezw. 
verinnerlicht werden. So treten sie beide als gläubige, katholische 
Christen ins Leben hinaus. Aber kaum haben sie die ersten 
selbständigen Schritte getan, so gerät ihr Glauben auch schon ins 
Wanken. Bereits während ihrer Schulzeit war ihre religiöse Festig 
keit starken Anfechtungen ausgesetzt worden, dadurch dafs jedem von 
ihnen durch Zufall Bücher in die Hand gefallen waren, die ihn mit 
bisher ungeahnten und ungekannten Dingen und Lehren bekannt ge 
macht hatten. Die Autorität der Lehrer war es damals wohl ge 
wesen, die einen sofortigen Abfall vom Glauben verhindert hatte. 
Jetzt aber, als die Freiheit des Lebens mit ihren zahlreichen 
neuen Reizen und Verführungen sie umfing, schwand ihre Gläubig-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.