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er sich ihnen eng an und „ne voit de salut que dans le catholicisme
le plus pur et l’ultramontanisme le plus intransigeant.“ 59 ) Dieser
religiöse Standpunkt liefs ihn den Verlust der Geliebten mit Er
gebung ertragen, zumal er die Freude gehabt hatte, sie, die vor
her ungläubig gewesen war, zu seinen Anschauungen bekehrt zu
haben: „. . . . il faut subir son sort et ne pas le laire soi-meme“,
schreibt er. „Ma resignation pour tous les evenements de ce
monde, quelque affreux qu’ils soient, est complete, parce que mes
esperances dans un avenir inconnu, mais meilleur, sont une
conviction pour moi: la vie sans cela serait un supplice auquel il
somit trop facile de se soustraire. Je ne la regarde que comme
une epreuve par laquelle il faut passer jusqu’au terme, . . . . ,“ 59 )
Dafs auch Chateaubriand eine bis zu einem gewissen Grade
religiöse Erziehung genofs, ist schon wiederholt hervorgehoben
worden, 60 ) ebenso ist aber auch schon erwähnt, dafs im Gegen
sätze zu Lamartines Kindheit die Fürsorge der Mutter für den
Knaben keine besonders hervorragende war. Die Erziehung lag
hauptsächlich in den Händen der la Villeneuve, 01 ) die offenbar eine
streng gläubige Katholikin gewesen ist. Indessen die Verinnerlichung
des Glaubens, die den Hauptreiz der von Mme de Lamartine aus
geübten Erziehungsmethode bildete, fehlte hier; sie gesellte sich
den mehr äufserlichen Glaubensübungen erst zu, als der Knabe
das von Geistlichen geleitete College zu Dol bezog. Dort war die
Erziehung eine durchaus religiöse und Chateaubriand gab sich
den geistlichen Einflüssen mit der ganzen Empfänglichkeit seiner
empfindungsreichen Seele hin. Aber die Lektüre einer ungekürzten
Ausgabe des Horaz sowie die der „Confessions mal faites“, zwei
Werke, die ihm durch Zufall in die Hände gekommen waren,
richtete schon früh eine schlimme Verwirrung im Herzen des
Knaben an. Auf der einen Seite eröffneten sich ihm Ausblicke
in eine ihm bisher verschlossene Welt, auf andere Vergnügungen
als seine Kinderspiele: „je soup^onnai . . . des charmes d’une
nature ignoree dans un sexe oii je n’avais vu qu’une mere et des
sceurs.“ 62 ) Andererseits plagten ihn Schreckensbilder der Strafen,
die der Christ für eine einzige verheimlichte Sünde im Jenseits
zu erdulden habe 62 ). Doch er hatte an den verbotenen Früchten
Gefallen gefunden und wufste sich das vierte Buch der Aeneis,
Fenelons Telemach, einen Tibull und Massillons „Pecheresse“ und
„Enfant prodigue“ zu verschaffen. 62 ) Das Ergebnis dieser heim
lichen Lektüren war, dafs Chateaubriands Glaubenseifer ermattete,