Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

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l’avenir en rose, il est pieux.“ 47 ) Sobald er aber in der Welt 
allein stand, sobald ihm die Unterstützung durch seine Lehrer 
fehlte, fühlte er seinen Glauben schwanken. Die ersten Regungen 
des Unglaubens kamen ihm von dem Neffen des Grafen de 
Maistre, Louis de Vignet, mit dem er in Belley enge Freundschaft 
geschlossen hatte, und der schon damals als „libre penseur“ galt. 48 ) 
Während eines Ferienaufenthaltes in dem Dauphine bei einem 
anderen Freunde, Guichard de Bienassis, hatte er überdies Bücher 
kennen gelernt, die durch die Sorgfalt der Mutter und die Wach 
samkeit der Lehrer bisher seinen Augen ferngehalten worden 
waren. 49 ) Namentlich waren es Rousseaus „Confessions“ ge 
wesen, die ihn damals gefesselt hatten, und die ihn dazu ver- 
anlafst hatten, sich in der Folgezeit eingehender mit diesem 
Schriftsteller zu beschäftigen. Am 13. Januar 1813 schrieb seine 
Mutter in ihr Tagebuch, dafs sie für das Seelenheil ihres Kindes 
fürchtend, auf Alphons Zimmer dessen Bücher durchgesehen und 
dabei Rousseaus „Emile“ und „Nouvelle Heloise“ gefunden und 
verbrannt habe. 50 ) Zu diesen und ähnlichen Lektüren kam als 
eine weitere Gefährdung seines Glaubens Lamartines ausschweifendes 
Leben in Lyon und Paris, 51 ) das ihm gewifs wenig Zeit liefs, 
sich mit religiösen Dingen zu beschäftigen. Nach Cordelier ist es 
jedoch unstatthaft anzunehmen, Lamartine sei in diesen Jahren 
geradezu ungläubig gewesen; dazu spürte er allzu deutlich das 
Vorhandensein des Unendlichen in der Natur. 52 ) Es waren nur 
Zeiten des Zweifels, die er durchmachen mufste, um zum Glauben 
seiner Kindheit zurückzukehren, nach dem er sich unaufhörlich 
zurücksehnte. 53 ) Als während der 100 Tage in der Einsamkeit 
der Schweiz die Wunder der Alpenwelt auf sein empfängliches Ge 
müt eingewirkt hatten, bedurfte es nur noch des Aufenthaltes in einer 
glücklichen, zufriedenen und frommen Familie, wie es die der de 
Maistre war, in deren Mitte er auf der Rückreise nach der Heimat 
mehrere Tage verbrachte, um den Jüngling wieder ganz dem 
Glauben seiner Kindheit zurückzugeben; 54 ) es erfolgte ein „retour 
peut etre trop complet au passe, en tout cas trop excessif pour 
etre durable.“ 55 ) Die nächsten drei Jahre waren eine Zeit „de 
foi ardente, de foi catholique, traditionnelle“. 56 ) Durch Julie war 
er in engere Beziehungen zu de Bonald und zu Lamenais ge 
treten. Von der festen Überzeugung beseelt, auf dem Gebiete des 
Glaubens wie auf dem der Politik sei ebenso sehr für den einzelnen 
wüe für die Gesamtheit eine Autorität durchaus nötig, 57 ) schlofs
	        
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