Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

Kapitel II. 
Der Parallelisinus zwischen den religiösen Anschauungen 
Chateaubriands und Laniartines. 
§ 1. 
Stellung zur Aufklärungsphilosophie 
und Weltanschauung des 18. Jahrhunderts. 
In den Paragraphen 2 und 3 des vorigen Kapitels ist an den 
diesbezüglichen Stellen von den religiösen Einflüssen die Rede ge 
wesen, die auf Chateaubriands Gemüt während seiner Kinder- 
und Jugendjahre eingewirkt haben. Wie dort nachgewiesen wurde, 
waren diese, wenn auch zeitweilig nicht unbedeutend und resultat 
los, so doch jedenfalls nicht anhaltend. Auf Jahre strenger 
Gläubigkeit folgten Zeiten völligen Unglaubens und solche heftiger 
Zweifel. 1 ) Sein plan- und regelloses Leben, seine Beziehungen zu 
den Modephilosophen der Zeit und die mannigfachen Studien, die 
er für sein Erstlingswerk unternahm, und die ihn notwendig auf 
die vorrevolutionäre Aufklärungslitteratur hinführten, entfremdeten 
ihn dem Glauben seiner Kindheit, ohne ihn indessen andererseits 
zum Anhänger der Philosophie des ausgehenden 18. Jahrhunderts 
zu machen. Nach seinen Anschauungen waren die politischen 
Doktrinen der Aufklärer auf Untergrabung der bestehenden 
Gesellschaftsform gerichtet 2 ) und, indem er dieses annahm, ver 
urteilte et gleichzeitig ihre anti-kirchlichen Ansichten, sich somit 
schon jetzt mittelbar zum Verteidiger des Christentums machend. 
Als die aufklärerische Wandlung in religiöser Beziehung ge 
wichen war und Chateaubriand offen und mit voller Klarheit als 
Anwalt des Christentums und der katholischen Kirche auftrat, 
mufste er sich natürlich völlig von der Weltanschauung des 
18. Jahrhunderts lossagen, da sein neuer Standpunkt mit ihr 
gänzlich unvereinbar war; so wurde er zum erbitterten Gegner
	        
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