Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

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tur jedoch in Toulon und in Bergues 183 ) wurde er an keinem der 
beiden Orte gewählt und hielt es nun für ratsam, das Vaterland 
auf einige Zeit zu verlassen, um lästiger Nachrede zu entgehen. 
Ohnehin hatte er längst eine Reise in das Morgenland geplant 
und jetzt schien ihm der Zeitpunkt zur Verwirklichung dieses Ge 
dankens gekommen zu sein. Im Juli 1832 verliefs er mit seiner 
Gattin, seinem Töchterchen und zwei Freunden auf einem mit fast 
fürstlicher Pracht ausgestattetem Schiffe Marseille. Der Reiseweg 
war im wesentlichen derselbe, dem ungefähr einviertel Jahrhundert 
früher Chateaubriand gefolgt war: Griechenland, die Inseln des 
östlichen Mittehneers, Kleinasien, Syrien und Judäa. Den Heim 
weg aber nahm Lamartine über Konstantinopel und von dort aus 
zu Lande, der Donau folgend. Ein überaus trauriges Ereignis 
trübte die Reise: Am 6. Dezember verloren die Eltern zu Beiruth 
ihre inniggeliebte Tochter im Alter von 10 Jahren; sie war nach 
zweitägiger Krankheit gestorben. Wie tief dieser Verlust den un 
glücklichen Vater schmerzte, ist noch aus der 17 Monate später 
entstandenen Dichtung „Gethsemaui ou la Mort de Julia“ zu er 
sehen, die 1835 erstmalig gleichzeitig mit den Reiseerinnerungen 
herausgegeben wurde. Diese „Souvenirs, Impressions, Pensees et 
Paysages, pendant un Voyage en Orient, 1832—1833, ou Notes 
d’un Voyageur“ teilen mit dem Itineraire Chateaubriands das ge 
meinsame Schicksal, ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit be 
stimmt gewesen zu sein. 190 ) Ein interressanter Vergleich beider 
Beschreibungen ist von Deschanel gegeben worden, 191 ) der zu dem 
Schlüsse kommt: „Lamartine, quoiqu’il en dise, lutte avec Fauteur 
de l’Itineraire, et force la dose de la couleur sinon pour depasser 
le maitre du moins pour n’etre pas eteint par lui“. 192 ) 
Der wirkliche Eintritt Chateaubriands in die praktische Poli 
tik erfolgte' 1814 durch die Flugschrift „De Buonaparte et des 
Bourbons“; Lamartine begann seine politische Tätigkeit, als er 
1834 als Deputierter von Bergues in die Kammer gewählt wurde. 
Beide Dichter standen also in der Mitte der vierziger Jahre, als 
sich dieser Wandel in ihrem Leben vollzog. Es ist übrigens für 
beide von verschiedenen Litterarliistorikern, 198 ) — namentlich von 
Sainte - Beuve, — ein Vorwurf aus diesem Übergehen abgeleitet 
worden, — ob mit Recht oder Unrecht bleibe dahingestellt, Wider 
spruch hat ihre Annahme jedenfalls gefunden. 
Aus naheliegenden Gründen mufs ich auf eine eingehendere 
Darstellung der politischen Tätigkeit jedes der beiden Dichter
	        
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