Full text: Der Parallelismus zwischen Chateaubriand und Lamartine

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es daran lag „que les premieres etaient les premieres, et que les 
secondes etaient les secondes“, wie Lamartine selbst in seiner 
Vorrede von 1848 sagt, sei es der Umstand, dafs, wie Deschanel 179 ) 
meint, zu viele wertlose Jugenddiclitungen den wertvollen Medi 
tationen aus reiferen Jahren beigemischt waren, oder lag die Be 
gründung in dem Selbstgeständnisse des Dichters: „J’etais devenu 
plus habile artiste ; je jonais avec mon instrument.“ 180 ) Indessen 
enthält auch diese Sammlung einzelne Gedichte von unbestrittener 
Schönheit und poetisch bedeutendem Werte. Zu diesen gehört 
die Meditation „Bonaparte“, in der er dem Kaiser eine gerechte 
Würdigung zuteil werden liefs. Überhaupt beschäftigte auch er 
sich jetzt eingehender mit Politik und schlofs sich erneut den 
Anhängern der Bourbonen an. Um seine Königstreue zu beweisen, 
schrieb er zur Krönungsfeier Karls X. seinen „Chant du Sacre“ 181 ), 
der ihm so viel Unannehmlichkeiten seitens des Herzogs Louis- 
Philippe , des späteren Bürgerkönigs, einbringen sollte, da sich 
dieser durch eine Stelle des Gedichtes verletzt fühlte. 182 ) Der 
König selbst aber, der Lamartine schon im April des Jahres 1825 
gleichzeitig mit Victor Ilugo zum Ritter der Ehrenlegion erhoben 
hatte, vergafs ihm bald diese Unvorsichtigkeit und ernannte ihn 
zum zweiten Gesandtschaftssekretär am toscanisehen Hofe zu 
Florenz. Er fühlte sich dort als Untergebener eines wohlwollenden 
Vorgesetzten, des Marquis de La Maisonfort, und als angesehenes 
Mitglied der in der toscanisehen Hauptstadt lebenden internatio 
nalen Gesellschaft überaus glücklich. 
Nur ein Umstand trübte im Beginne seines Aufenthaltes in 
Florenz vorübergehend sein Glück: ein Duell. Noch bevor er sein 
Vaterland verliefs, hatte Lamartine eine Dichtung veröffentlicht, 
in der er Byrons unvollendetes Epos „Childe Harold“ zu Ende 
zu führen suchte, „Le dernicr chant du pelerinage d’Harold.“ 
Der Erfolg war grofs; noch im Jahre des Erscheinens kamen 
fünf Auflagen heraus. Aber durch eine Stelle des Gedichts fühlte 
sich gar mancher Italiener beleidigt. Der in Florenz lebende 
Oberst Gabriel Pepe trat in einer Flugschrift als Verteidiger der 
Ehre seiner Nation auf und kränkte dabei seinerseits Lamartine 
so, dafs dieser sich genötigt sah, ihm zum Zweikampfe heraus 
zufordern. Das Duell endete damit, dafs Lamartine durch einen 
Säbelhieb in den rechten Arm kampfunfähig gemacht wurde. 183 ) 
In der Heimat war Lamartines Ruhm inzwischen noch be 
deutend gewachsen, so dafs er, als er nach dem Tode des Marquis
	        
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