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Stael nach Coppet führten. In dieser Zeit fafste er den Plan zu
seinem Prosa-Epos „Les Martyrs“. Um für dieses Werk Farben
und Stimmungen zu gewinnen, zum Teil wohl auch um Zer
streuung zu finden in dem Schmerze über den Tod seiner innig
geliebten Schwester und Jugendgefährtin Lucile, die am Ende des
Jahres 1804 gestorben war, beschlofs er, eine Reise in den Orient
zu unternehmen. Am 13. Juli 1806 trat er dieselbe an, besuchte Kon
stantinopel, Jerusalem und das heilige Land und beendete seine
„Pilgerfahrt“ 171 ) durch ein Redezvous mit einer Freundin, das er
in der Alhambra verabredet hatte; 172 ) am 5. Juni 1807 war er
wieder in Paris. Noch im selben Jahre kaufte er den „Mercure“
und ein kleines Landgut in der Nähe der Hauptstadt, das er
Vallee-aux-Loups taufte. Die Reise, sowie diese beiden Erwerbungen
hatten jedoch sein Vermögen, das im wesentlichen aus den Honoraren
für den G. d. ch. herrührte, fast erschöpft und er sah sich ge
nötigt, mit Aufbietung aller Kraft an seinen „Martyrs“ zu ar
beiten, um so mehr, als infolge eines Artikels aus seiner Feder, den
er im Mercure veröffentlichte, und der zahlreiche versteckte An
griffe auf den Kaiser enthielt, dieses Blatt, seine einzige Einnahme
quelle, unterdrückt worden war. Im März 1809 erschien endlich
das Epos. Es hatte, jedenfalls infolge der Intriguen napoleonistisch
gesinnter Rezensenten und Blätter, keinen grofsen Erfolg, — trotz
seines, wenigstens verhältnismäfsigen hohen dichterischen Wertes,
den voll zu erkennen erst der Nachwelt Vorbehalten blieb. Als
Antwort auf die heftigen Angriffe liefs Chateaubriand sein Werk
ein Jahr später mit zahlreichen Änderungen und einigen neu hin
zugefügten Anmerkungen neu erscheinen und veröffentlichte 1811,
gewissermafsen als Verteidigungsschrift, seinen „Itineraire de Paris
Jerusalem et de Jerusalem ä Paris, en allant par la Grece, et
revenant par PEgypte, la Barbarie et l’Espagne“, „ce livre origi
nal et charmant, le plus naturel que Pauteur ait eerit“. 173 )
Indessen sollte seinem Schaffen auch von wohl zuständiger
Seite Gerechtigkeit widerfahren: Die Akademie erwählte Chateau
briand am 20. Februar 1811, fast einstimmig, zum Nachfolger
Joseph Cheniers. Zur Aufnahme in die Zahl der „Unsterblichen“
kam es freilich einstweilen nicht, da Chateaubriand sich nicht be
quemen wollte, seinen „discours de reception“ 174 ), dessen Manus
kript er zur Begutachtung hatte vorlegen müssen, und der das
Mifsfallen mehrerer Akademie-Mitglieder und des Kaisers selbst
erregt hatte, umzuändern. ,75 )