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Diesen wichtigen Vorgängen im Innenleben der beiden Jüng
linge stehen in den in Frage kommenden Jahren entsprechend
bedeutungsvolle äufsere Lebensereignisse bei Chateaubriand gar
nicht gegenüber. Für Lamartine war die Reise nach Italien von
gröfster Wichtigkeit: sie gab seinem späteren poetischen Schäften
die Gestalt der Graziella und enthüllte ihm die landschaftliche
Schönheit des Südens.
Doch die beiderseitigen Eltern beunruhigte das müfsige Leben
der Söhne. Chateaubriands Mutter drang in ihn, sich zu ent'
scheiden: „II est temps de vous decider; votre frere est ä raeme
de vous obtenir un benefice; mais avant d’eutrer au seminaire, il
faut vous bien consulter, car si je desire que vous embrassiez
l’etat acclesiastique, j’aime encore mieux vous voir homme du
monde que pretre scandaleux.“ 116 ) Natürlich verzichtete der Sohn
mit Freuden auf einen Beruf, der ihm jetzt ganz und gar nicht
mehr zusagte, da seine christliche Glaubensfestigkeit den Angriffen,
denen sie bald nachdem Chateaubriand das College verlassen hatte,
ausgesetzt worden war, nicht hatte standhalten können. 117 ) Sein
Bruder hatte für ihn ein Unterleutnantspatent im Regiment de
Navarre, das in Cambrai lag, erwirkt, und Chateaubriand trat im
Jahre 1786 nach einer kurzen Zusammenkunft mit seinem Vater
(es sollte die letzte sein, da der Graf im selben Jahre starb,) in
das Regiment ein. ln der Folgezeit finden wir ihn bald in der
Bretagne bei seinen Schwestern, bald in Dieppe, wohin sein Re
giment verlegt wurde, und bald in Paris. Sein Bruder hatte es
veranlafst, dafs er bei Hofe vorgestellt wurde; aber er wufste die
Vorteile, die ihm diese Ehre darbot, nicht auszunutzen: Nachdem
er an einer Hofjagd, die er uns in seinen Memoiren 118 ) schildert,
teilgenommen hatte, zog er sich wieder vom Hofe zurück und be
gab sich in seine Heimatsprovinz. Hier nahm er als Mitglied der
Etats de Bretagne 1788 und 1789 an den Unruhen, die ein Vor
spiel der grofsen Revolution bildeten, teil und siedelte dann Ende
Juli 1789 mit seinen beiden jüngsten Schwestern, Madame de
Farcy und* Lucile, nach Paris über „pour y trouver, cette fois,“
sagt Villemain, 119 ) „la Revolution tout entiere.“
Aber in Paris beschäftigten ihn nicht nur die politischen
Vorgänge; er trat zu zahlreichen Litteraten in Beziehung. Parny,
La Harpe, Flins, Delisle de Sales, Ginguene, Le Brun, Chamfort
gehörten zu seinem Umgangskreise und auch Fontanes, der später
sein bester Freund und Berater werden sollte, wurde ihm schon
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