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dem Treiben des Hofes fern zu leben, wurde der Sohn für den
Dienst in der königlichen Marine bestimmt 34 ) und einer müfsigen
Kindheit überlassen, da „quelques notions de dessin, de langue
anglaise, d’hydrographie et de mathematiques parurent plus que
süffisantes a Teducation d’un garconuet destine d’avance ä la rüde
vie d’un marin“. 35 ) Indessen erhielt er doch wenigstens Elemen
tarunterricht im Lesen und Schreiben, bereitete aber dabei seinen
Lehrern nur Kummer. „Je commengais a passer pour un vaurien,
un revolte, un paresseux, un ane enfin.“ 36 )
Brechen wir nun zunächst diese Betrachtung ab, um Lamar-
tines erste Kinderjahre mit denen Chateaubriands zu vergleichen.
Auch er hätte, wie Chateaubriand, von sich sagen können:
„En sortant du sein de ma mere, je subis mon premier exil.“ 37 )
Die Mutter zog, kurze Zeit nach seiner Geburt mit ihm nach Lau
sanne, um durch die Luftveränderung die Gesundheit des schwäch
lichen Kindes zu kräftigen. 38 ) Bald nach ihrer Rückkehr in die
Heimat brach die Revolution aus, welche die Lamartinesche Familie
vorübergehend zersprengte, ohne dauernde Lücken in sie zu reifsen.
Als die Ruhe wieder in das Land zurückgekehrt war, bezogen die
Eltern Lamartines das Gutsschlofs von Milly, das von den Stürmen
des Aufruhrs nicht unberührt geblieben war. Binnen kurzem hatte
sich die neue Herrschaft die Herzen aller Dorfbewohner gewonnen,
und Alphonse, von allen mit Vornamen genannt, lebte wie die
Dorfkinder. 39 ) Genau wie diese gekleidet, erhob er sich früh
morgens und trieb mit seinen Altersgenossen die Herden auf die
Weide in die Berge, wo dann Spiele und Belustigungen, die denen
Chateaubriands und seiner Kameraden am Meeresstrande ent
sprachen, begannen. 40 ) Und auch darin, dafs Lamartine während
dieser Kinderjahre keinen planmäfsigen Unterricht genofs, glich
seine Kindheit derjenigen Chateaubriands. „Ma mere,“ sagt der
Dichter selbst darüber, „s’inquietait tres-peu de ce qu’on entend
par instruction“ ; 41 ) sie verlangte lediglich von ihm, wahr und gut
zu sein. 42 ) Lesen und Schreiben lernte er beim Spielen; die An
fangsgründe des Lateinischen lehrte ihn der junge Abbe Dumont,
der in dem Nachbardorfe Bussieres die seinen Neigungen durchaus
widersprechende Stellung eines Vikars innehatte, und dessen An
denken Lamartine später in seinem „Jocelyn“ geehrt hat.
Ein wichtiger Unterschied jedoch bietet sich in der Kindheit
der beiden Männer: Die Lamartines spielte sich unter den Augen
und in steter Obhut einer ganz in Gott lebenden Mutter ab, während,