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Im Kindesalter ist sie namentlich als günstig zu be
zeichnen und bedeutend besser als im höheren Alter; deshalb,
weil die Kinder viel leichter psychisch zu beeinflussen sind
als die Erwachsenen. Ist nun die Heilung des Kindes unter
großer psychischer Beeinflussung erfolgt, so ist der Erfolg
auch meist dauernd, und Recidive sind nicht zu befürchten.
Allerdings kommt es, wie Bruns bemerkt, darauf an, die
hysterische Krankheitserscheinung energisch auszurotten,
und auch hinterher das Kind noch einige Zeit unter Aufsicht
zu behalten und vor Rückfällen zu behüten. Die Prognose
quoad sanationem completam, die dann auch von Dauer ist,
macht die Behandlung der Kinderhysterie zu einer besonders
dankbaren Aufgabe. Der Arzt muß jedoch nicht vergessen,
die Eltern darauf aufmerksam zu machen, daß sie die frühere
Krankheit dem Kinde gegenüber niemals wieder erwähnen
dürfen. Denn sollten sich schließlich doch ähnliche Krank
heitssymptome wieder einstellen und dann die Eltern, dadurch
beängstigt, das Kind besorgt nach diesem oder jenem fragen,
dann kann es passieren, daß Recidive auftreten, deren Be
handlung und Heilung sehr schwierig sein kann.
Wie steht es mit der Prophylaxis der Hysterie im
Kindesalter?
Das Hauptbestreben der Prophylaxis muß die Abhärtung
des kindlichen Nervensystems sein. Bedrohte, also namentlich
erblich belastete Kinder sollen durch Bäder und Waschungen,
Gymnastik, einfache Nahrung zunächst körperlich abgehärtet
werden. Durch ängstliches Hüten vor jedem Luftzug und
jeder Gefahr erzieht man sie geradezu zur Hysterie. Früh
gewöhne man die Kinder an den Aufenthalt in dunklen
Zimmern, an Alleinsein. Man gewöhne sie ferner an Natur
beobachtung, objektives Denken und entziehe ihnen Indi
anergeschichten, Romane etc. Man trete sofort, sagt E u -
len bürg, jedem Überwuchern der Phantasie (namentlich
dem krankhaften Hang zum Alleinsein) entgegen. Insbe
sondere ist auch auf strenge Wahrhaftigkeit zu halten.
Selbst das einfache Renommieren sollte solchen Kindern stets
verwiesen werden. Alkoholgenuß und Rauchen sind, wenn
irgend möglich, ganz zu verbieten.