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nach der Schulzeit zu lesen und setzte es fort bis er abends
zu Bett sollte, „er habe über das viele Lesen das Essen oft
vergessen.“ Der Appetit war stets gut; Schlaf ebenfalls.
Patient hat nicht im Schlaf gesprochen, wohl manchmal
etwas mit den. Zähnen geknirscht.
Vor 2 Jahren (August 1903) soll Patient angeblich
eine Gehirnhautentzündung überstanden haben. Der Verstand
sei einige Tage fort gewesen; es bestand Fieber. Der Knabe
wurde wieder ganz geheilt, er war in seinem Wesen nicht
verändert, keine Abnahme seiner geistigen Fähigkeiten war
zu bemerken; er war im Gegenteil in der Schule noch
besser als früher; von 60 — 70 Kindern der „Erste“ bis
Weihnachten 1904.
Dann bekam er Influenza und lag ein paar Tage.
Hatte gar keinen Appetit mehr, aß 14 Tage fast, nichts,
nahm nur Milch, magerte aber nicht ab. Kam nach 14
Tagen lachend zur Mutter, sagte: „es gehe besser mit ihm“;
fing wieder an zu essen. Seitdem habe sich das Gedächtnis
verloren. Er habe Deutsch vollständig vergessen, spreche
nur noch dänisch. Habe z. B. auch das „Vaterunser“ ver-
gessen. Er kenne keine Buchstaben mehr, könne nicht
mehr lesen, schreiben. Patient wisse selbst, daß er alles
vergessen habe, weine deshalb viel; sonst sei er im allge
meinen fröhlich. Im übrigen keine Klagen. Der Knabe
ist artig und hält sich sauber. Schlaf und Eßlust gut.
Da er also seit 14 Tagen nicht mehr Deutsch sprechen
kann, wird er auf Anraten eines Arztes vom Vater in die
hiesige Nervenklinik gebracht. Er weint heftig, als er auf
die Station gehen soll, geht aber auf Zureden mit auf die
Station.
Bei der'Aufnahme wurde folgender Bef u n d festgestellt:
Graziler Knochenbau, mittlere Muskulatur und Ernäh
rung, Gesicht gebräunt. —
Größe 1,34 m.
Gewicht 32,5 kg.
Temperatur 37,2".
Kopf: Keine Narben, auf Druck und Beklopfen nicht