30
diesen Fällen soll die Orchidopexie der Castration vorge
zogen werden. Zwar vermag die Orchidopexie, welche be
stehende Schmerzen infolge Torsion oder Infarkt und ner
vöse Beschwerden bei retiniertem Hoden sicher beseitigt,
eine Funktionsfähigkeit für das Organ nicht herbeizuführen,
auch bleibt die Neigung zur Geschwulstbildung nach Ver
lagerung des Hodens ins Scrotum bestehen, da diese auf
embryonalen Störungen beruht, aber mit der Orchidopexie
bleibt das Organ'dem Körper erhalten. Variot und
B e z a n 9 o n 1 ) und F i n o 11 i 2 ) haben durch Untersuchungen
nachgewiesen, daß dem Hoden zwei physiologische Funktio
nen zukommen, die Bildung der Samenfäden und die Pro
duktion eines specifischen Sekretes, welches auf dem Blut-
und Lymphwege resorbiert, von Wichtigkeit für den Orga
nismus ist. Wenn diese „innere Sekretion“ für den reti-
nierten Hoden auch nicht sicher festgestellt ist, so ist es
doch gerechtfertigt, auf Grund dieser Tatsache der Orchi
dopexie den Vorzug zu geben. Der Patient muß auf jeden
Fall auf die Gefahr aufmerksam gemacht werden, damit
bei sich einstellender Verhärtung und Vergrößerung des
durch Orchidopexie zurückverlagerten Hodens die Castration
unverzüglich ausgeführt werden kann. Es liegt mir fern,
die Castration gegenüber der Orchidopexie zu verwerfen,
vielmehr soll in jedem Einzelfall sowohl der Arzt wie auch
der Patient zwischen Castration und Orchidopexie wählen.
') Variot et Bezan?on: Iufluence de la sdcretion testiculaire snr le
developpement organique ete. Gazette medicale de Paria, 1892, Bd. 20.
s ) Finotti: s. o.