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sächlich Heilungen Vorkommen. Letzteres wird von manchen
Autoren mit Rücksicht auf die strenge Form ihrer Definition
des Begriffes Paranoia nicht anerkannt; Kraepelin z. B.
hält für wesentliche Merkmale der Krankheit die grund
sätzliche Unheilbarkeit und das dauernde Fortbestehen der
auftretenden Wahnbildungen. Jedenfalls ist die Prognose
in einem Falle von Paranoia von vornherein nie mit Sicherheit
zu stellen. Wie bei anderen erstmaligen geistigen Erkran
kungen ist sie bis zu gewissem Grade auch hei der Ver
rücktheit „abhängig zu machen von den aetiologischen Be
dingungen, von der Eigenart des erkrankten Individuums
und von der klinischen Gestaltung des Krankheitsbildes.“
(B i n s w a n g e r.)
Mit Rücksicht auf die Entwicklung der Wahnbildung
hat man eine acute und eine chronische Form der Paranoia
unterschieden. Diese diagnostische Unterscheidung beeinflußt
die prognostische Beurteilung des einzelnen Krankheitsfalles
in geringem Maße, und das nur auf Grund bloßer Erfahrung,
da pathologisch-anatomische Grundlagen fehlen und die an
genommenen Ursachen für die sichtbaren Erscheinungen
hypothetisch sind. Auch „die Prognose der akuten Ver
rücktheit ist mit aller Reserve zu stellen“ (S i em e r 1 i n g).
In der „Deutschen Klinik“ wirft Sommer die Frage auf
„gibt es eine selbständige B'orm hallucinatorischer Psychose
ohne Verwirrtheit mit Ausgang in Heilung neben den mit
Sinnestäuschungen einhergehenden paranoischen Processen,
die in Schwachsinn endigen.“ Seine Antwort lautet „wenn
auch sehr selten, kommen Psychosen vor, die in Bezug auf
Sinnestäuschungen und Wahnbildung durchaus eine Paranoia
darstellen, während sie zur völligen Heilung führen.“ „Dieser
Zustand kann als eine Art Äquivalent im Ablauf einer peri
odischen Störung aufgefaßt werden, wenn sich in der Anamnese
dieser Kranken das Vorkommen von einem oder mehreren
Anfällen von Depression oder anderer Art von Gemütsstörung
ermitteln läßt. Bei der erwähnten Gruppe stellen Sinnes
täuschungen von Anfang an das wesentliche Symptom dar,
von dem alles andere abhängt. Dabei ist die Abwesenheit
aller Züge von Schwachsinn bemerkenswert.“ Sommer