Full text: Beitrag zur prognostischen Beurteilung der Paranoia

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diese Wagen und hält für solchen Notfall den Revolver 
parat. Höchste unbeschreibliche Angst, die ein starkes 
Zittern des ganzen Körpers veranlaßt, läßt ihn schließlich 
Tür und Tor verbarrikadieren. Schon von lauge her hat 
er sich Schutzapparate von Stoff und Pappe konstruiert; er 
glaubt an ihre Kraft ebenso wie an das Verfolgtsein. Er 
ist furchtlos in seinem Rüstzeug, stich- und kugelfest unter 
seinem Lammfell. Es ist ihm noch nie etwas zugestoßen 
und kann ihm auch nichts geschehen, und doch verrammelt 
er sein Zimmer, läßt die Schlüssel stecken und beschwert 
sie mit Gewichten, er muß sich unkenntlich machen, rettet 
sich in die Weiberröcke, schneidet sich den Bart ab, da ein 
Weib Mitleid errege. Als er den Wagen mit Eisenreifen 
kommen hört, der seine Verfolger bringt, steht es ihm fest, 
daß gleichzeitig in dem andern mit Gummireifen Prinz 
Heinrich erscheint und zu seiner Rettung das Militär mobil 
macht. Es ist ein System von Gedanken des Verfolgtseins 
und des Gerettetwerdens. Die Augst bezieht sich dabei 
aber nicht nur auf seine eigene Person, sondern zugleich 
auf seine Kinder; er packt sie in Betten, um sie zu schützen. 
Die Sorge um seine Kinder tritt besonders hervor später, 
als er in der Klinik sich vor dem eigenen Verfolgtwerden 
sicherer fühlt. 
Neben diesem System allgemeinerer Verfolgungs- und 
Größenvorstellungen geht ein anderes einher, das sich be 
sonders auf religiösem Gebiete abspielt, zeitlich vielleicht 
später entstanden ist, sich anscheinend aber selbständig ent 
wickelt hat. Diese religiösen Wahnideen gehen später mit 
den allgemeinen Ideen des Verfolgt- und Gerettetwerdens 
Hand in Hand, bilden dazu teils [Begründung, teils Er 
klärung. Lebensereignisse sind hier von besonderem Einfluß 
gewesen. Wie tief auch diese Ideen sich ins Bewußtsein ein 
gefressen haben, zeigen die mitgeteilten Briefe. Er hat sich 
willig ergeben. Er bringt sich selbst zum Opfer für die 
ganze Welt. In dem Gefühl, daß dieses Opfer gebracht sei, 
ist sein Name Tot. Die Unterschrift „der Wohlbekannte“ 
bezieht sich wahrscheinlich auf Bekanntwerden durch und 
nach Geschehen des Opfers, Durch Leben, Lieben und
	        
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