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Aus dem Gesagten ergibt sich die Diagnose Paranoia
acuta. Differentialdiaguostiseh kommt kaum eine andere
Erkrankung in Betracht. Akute halluzinatorische Verwirrtheit
kommt nicht in Frage, da bei unserem Falle Wahnideen nur
in geringem Grade mit Halluicnationen im Zusammenhang
stehen, außerdem anhaltende traumhafte Zustände fehlen.
Epileptische Basis ist auszuschließen durch Anamnese, Mangel
körperlicher Befunde und Beobachtung des ganzen Verlaufes,
obwohl die motorischen Reizerscheinungen, die sich in der
Lebhaftigkeit der Reflexe äußern, sowie die nach der Krank
heit zurückgebliebene nur schwache traumhafte Erinnerung
an sich nicht gerade zu dem Bilde der Paranoia gehören.
Ebenso kommt ein auf Alkoholismus beruhender Zustand
nicht in Frage trotz des Tremor manuum, der Sprachun-
sicherheit und des Schwankens bei Fußaugenschluß. Ein
derartiges Symptom von Wahnbildungen, zumal mit derartigen
Größenideen wird auf alkoholischer Grundlage kaum je zu
beobachten sein. Nein, es handelt sich um einen beinahe
typischen Fall von akuter Verrücktheit. Sinnestäuschungen
sind allerdings sehr stark zurücktretend, Hallucinationen
greifen nur gelegentlich ein. Das Hervortreten der Größen
ideen ist besonders zu betonen, insofern gerade dieses als
ein für die Prognose weniger günstiges Zeichen angesehen
wird. Ursache der Erkrankung liegt in der erblichen Be
lastung. Veranlassung, auslösendes Moment, ist die große
körperliche und geistige Erschöpfung, eine Inauition, welcher
der Patient verfallen war. Letzteres Moment erklärt vielleicht
auch die schwache Erinnerung an den ganzen überstandeuen
Krankheitszustand. Wir haben keinen Grund, bei dem Pa
tienten Dissimulation anzunehmen, da er sich immer in der
selben Weise über die Vorgänge äußert.
Trotzdem der Ausgang günstig ist, kann der Verlauf
die Diagnose nur bestätigen. Sehr langsam, verhältnismäßig
wenigstens, gleichmäßig, Schritt für Schritt ging die Genesung
.vor sich. Die zuerst allmählich eintretende Beruhigung ließ
schließlich eine volle Krankheitseinsicht nachfolgen. Dissi
mulation ist nach unserer Kenntnis der ganzen Persönlichkeit
des Mannes auszuscbließen. Ein beabsichtigter Zweck ist