Full text: Beitrag zur prognostischen Beurteilung der Paranoia

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ihm der Wert der eigenen Person vollkommen fest. Ur 
sachen müssen also in der Außenwelt liegen, das steht für 
ihn außer allem Zweifel. Weil er da aber keine tatsächliche 
Erklärung findet, nimmt er an, „Coucurrenteu“ trügen schuld 
an seinem Unglück, ohne darüber klar zu werden oder 
auch vielleicht nur klar werden zu wollen, wer diese Con- 
currenten sind. Wie sie ihn benachteiligen, ergrübelt er: 
sie wollen ihn als Lügner und Betrüge]' hinstellen. Die 
Hauptsache ist ihm, „ich bin gehemmt worden.“ Er ärgert 
sich darüber, ein eigentümlich unbehagliches Gefühl be 
schleicht ihn des öfteren, und er sucht Trost beiin Alkohol. 
Er sinnt und sucht weiter nach dem vermeintlichen Urheber 
seiner Not. Er bemerkt dabei, daß er höhnisch angesehen 
wird, man geht hinter ihm her, spuckt vor ihm aus, Zeitungs 
notizen betreffen seine Person. Daß gerade sein Geschäft 
schlechter und schlechter geht, ist ihm ein Hinweis, daß 
Verrat, daß eine große Gesellschaft dahinter steckt, ihn klein 
zu machen. Warum gerade ihn? Man hat bemerkt, daß 
mehr hinter ihm steckt. Weil ihm solches Unrecht ge 
schehen, ist er seelisch niedergeschlagen Auch früher ist 
nicht erkannt worden, daß er zu etwas Höherem berufen 
sei. 
Schließlich geht es zu Ende mit seinem Holzhandel. 
L. glaubt, sich retten zu können, wenn er den bisherigen 
Wohnort verläßt. Aber auch in Kiel gebt es nicht vorwärts, 
seine Feinde bewachen ihn. Und was könnte aus ihm 
werden, wenn er die Mittel hätte, er! Sein Geschäft würde 
er vergrößern, die Stadtverwaltung erneuern, die Unsittlichkeit 
würde er beseitigen, die Religion verbessern, eine große 
Partei gründen und den Kaiser stützen. Er hat eine eigene 
Weltanschauung. 
In lebhaftester Reaktion auf seine Wahnideen fährt L. 
aufs Schloß, um dem Prinzen Heinrich seine Ansichten zu 
erläutern, gibt er dem Kutscher den ganzen Rest seiner 
Habe, um seine Bruderliebe praktisch zu betätigen. Die 
Zurückweisung vorm Schloß bedeutet für ihn eine neue Be 
kräftigung für die Richtigkeit seiner Größeuideen, er ist 
empört über die Abweisung, zugleich aber befestigt sie in
	        
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