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geführt hat.“ (S i e m e r 1 i n g). In seinem Bericht über die
Wirksamkeit der Heilanstalt Winnenthal von 1840 sagt
Zeller dazu: Wenn hei irgend einer Form des Irreseins
die Seele in selbsttätigen und selbstleidenden Konflikt ge
zogen ist, so ist es bei dieser, und je mehr sie den Charakter
eines gewöhnlichen Irrtums an sich trägt, um so idiopathischer
ist das Leiden des Gehirns, um so ungünstiger die Prog
nose. .
Die Entwicklung der Erkrankung geht im allgemeinen
äußerst langsam vor sich, meist äußerst langsam stetig vorwärts,
ohne indes immer progressiv sein zu müssen. „Jahrzehnte
lang kann ein solcher Kranker seinen „verrückten“ Stand
punkt unverändert wahren bis zu seinem Lebensende, ohne
daß er doch eine nennenswerte intellektuelle Einbuße zu er
leiden brauchte. — Kaum je wird es zu einer Krankheits
einsicht und zu wirklicher Genesung kommen. Wohl aber
können die ursprünglichen Reizzustände schwinden, wodurch
dann auch die auf ihnen fußenden Vorstellungsreihen und
Wahngebilde an aktuellem Wert für den Patienten verlieren.
Dann kann er auch wieder für andere Interessen gewonnen
werden und wird so viel Besserung des Gesamtzustandes
möglich, daß von einer Wiederherstellung für die Anforde
rungen des praktischen Lebens gesprochen werden darf.
Dieser relativ günstige Ausgang ist jedoch nicht eben häufig.
In der Regel enthalten die alten Reizzustände die Keime
zu steten neuen affektiven Erregungen. Es ist ein psychoph-
tbologischer Proceß ohne Stillstand, schließlich auch nach
teilig für die intellektuellen Tätigkeiten.“ (Kreuser). Zur
Frage der Prognose der Paranoia äußert sich Gi erlich in
dem Sinne, daß in jenen Fällen, in denen die Wahnbildung
ganz im Sinne der Paranoia sich allmählich entwickelt, bei
Fehlen manischer oder manisch-depressiver Mischsymptome
der Verlauf heute nicht zu bestimmen ist. Er hält dem
gemäß eine Trennung der milden von den infausten Formen
nicht für angängig, im Gegensatz zu S o m m e r, welcher,
wie oben erwähnt, die entsprechende Frage vorläufig offen
läßt. G i e r 1 i c h hebt. zugleich mit Friedmann hervor,
daß die leichteren Fälle meist nicht in die Irrenanstalten