Full text: Über die therapeutische Verwendung der Stauungshyperämie bei akuter Osteomyelitis

Die Erfahrung, daß blutarme Lungen der Lungenphthise 
außerordentlich leicht anheimfallen, während bei Blutfülle 
der Lungen, wie sie z. B. hei gewissen Herzfehlern gegeben 
ist, die Immunität bedeutend erhöht ist, veranlaßte Bier, 
dieselben praktisch zu verwerten. 
So kam er zunächst auf die Idee, gegen die Knochen- 
und Gelenktuberkulose der Extremitäten durch künstliche 
Erzeugung von Hyperämie vorzugehen. Die günstigen Er 
folgeermunterten ihn, auch auf andere chronische Erkrankungen 
seine Versuche auszudehnen, die ein ebenso befriedigendes 
Resultat gaben. Da tat denn zu Beginn des Jahres 1905 
Bier einen weiteren Schritt; er veröffentlichte seine Resultate 
von Stauungshyperämie bei akuten Entzündungen. Wie er 
sagt, mußte er mit logischer Notwendigkeit dahin kommen. 
So unbedeutend der Schritt scheint, so folgenschwer ist er 
für die gesamte Medizin. 
Während man bisher der Blutfülle resp. dem verlang 
samten Blutstrom in dem entzündlichen Gliede durch Ruhig 
stellung, Hochlagerung und ausgiebige Incisionen entgegen 
gearbeitete, hält Bier die Entzündung gerade für das beste 
Abwehrmittel gegen jede Infektion: diese Entzündung will 
Bier nicht abschwächen, sondern im Gegenteil noch verstärken 
u. z. durch Stauung. Hierdurch stellt Bier alles auf den 
Kopf, was man bis jetzt als feststehend und unzweifelhaft 
betreffs der akuten Eiterung gehalten hat. 
Wenn auch Vereinzelte dieser neuen Idee jetzt noch 
sehr skeptisch gegenüberstehen, ja sogar die Bi er'sehe 
Stauung rundweg für unwissenschaftlich erklären, wie z. B.
	        
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