Kein Gebiet war der Chirurgie länger verschlossen als
die operative Eröffnung der Bauchhöhle. Die zahlreichen
Komplikationen, die man nach Verletzungen der Bauchhöhle
infolge von Unglücksfällen sah, schreckte selbst die unter
nehmendsten Operateure von einem Eingriff in diese Körper
höhle ab. Man war der festen Ueber’zeugung, dass das
Peritoneum auf jede Verletzung mit einer heftigen Entzündung
reagiere. Selbst als die Narkose eingeführt war und man
die Ursachen der gefürchteten Peritonitis kennen gelernt hatte,
und mit den Methoden der Antiseptik und Aseptik
auf anderen Operationsgebieten die schönsten Triumphe
gefeieit wurden, wurde von manchen erfahrenen Operateuren
die Laparotomie für ein unberechtigtes und geradezu un
verantwortliches Eingreifen gehalten. Andere Operateure
vertraten die entgegengesetzte Richtung. Sie glaubten, dass
die Bakterien allein die schlimmen Ausgänge peritonealer
Wunden herbeiführten und wollten im Vertrauen auf die
Erfolge der Anti- und Aseptik keinen Unterschied mehr
gelten lassen zwischen einer gewöhnlichen Wunde und einer
solchen des Peritoneums. Erst durch die Erfahrung wurde
der mittlere Weg gefunden. Es zeigte sich doch, dass
infolge der besonderen anatomischen und physiologischen
Verhältnisse die Bauchhöhle sich von anderen Gegenden des
menschlichen Körpers unterscheidet und dass auch bei strengster
Innehaltung der Aseptik keineswegs in allen Fällen ein
glatter Heilungsverlauf zu erwarten ist, sondern dass eine
Reihe von unglücklichen Zuständen eintreten kann, die bei
einem chirurgischen Eingreifen mit in Betracht gezogen
werden müssen.