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wohnlich erkranken zuerst die Kerne der Augenmuskelnerven,
erst später stellen sich dann Symptome der komplizierenden
Erkrankung ein.
Der klinische Verlauf der chronischen nuclearen Ophthal
moplegie, der z. T. schon gestreift worden ist, sei noch einmal
kurz zusammengefaßt. Im Beginn der Erkrankung stellt sich
meist Diplopie ein; die Untersuchung ergiebt eine Augenmuskel
lähmung. Das Doppeltsehen verschwindet bald wieder, während
die Lähmung langsam Fortschritte macht und in den weitaus
meisten Fällen auch auf das bis dahin gesunde Auge über
greift. Dann treten allmählich die Symptome derkomplizierenden
Erkrankung hinzu, also z. B. bei progressiver Paralyse Ab
nahme der Intelligenz, Sprachstörungen etc. An den Augen
stellt sich Ptosis ein, es kann die Accomodation gelähmt werden,
und die Punktion des Sphincter pupillae kann erlösclien. Meist
findet man nach längerem Bestand der Opthalmoplegie das
Robertsonsche Phänomen; Pupillen mittelweit, Reflex auf Licht
einfall erloschen, Accomodation erhalten. Auf die Beteiligung
des Opticus an der Erkrankung ist bereis hingewiesen worden.
Nach diesen Bemerkungen über Ophthalmoplegien im
allgemeinen und über die chronische progressive nucleare
Ophthalmoplegie im besonderen teile ich einen in der psychi
atrischen Klinik in Kiel beobachteten Fall mit, den mir Herr
Prof. Siemerling überlassen hat.
Anamnese: abgegeben von Mutter und Frau am 8. Ja
nuar 06. Peter M., Händler, 49 Jahre alt. Schwester der
Mutter zeitweise geistesgestört, war 6 Jahre in der Anstalt in
Schleswig, Sohn einer anderen Schwester sei schon in der
Kieler Klinik gewesen. Vater hat etwas, Vatersbruder stark
getrunken. Pat. selbst ist Potator. Eltern sind nicht bluts
verwandt. Sonst keine Heredität.
Pat. sei vor der Heirat geschlechtskrank gewesen, habe
eine Schmierkur durchgemacht.
Er ist seit 25 Jahren verheiratet. Die Frau hat 8 Ge
burten und 1 Abort gehabt, Das fünfte Kind lebt, ist gesund,
die andern sind klein gestorben.
Pat. ist früher stets gesund gewesen.