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Zunächst Einiges über die Hysterie im Allgemeinen.
„Die Hysterie ist das Schmerzenskind der Nervenpathologie“,
sagt Binswanger,') „weil alle Bemühungen, die seit Jahr
hunderten auf die Erkennung und begriffliche Würdigung
der hierher gehörigen Krankheitserscheinungen verwandt
worden sind, zu keiner auch nur einigermaßen befriedigenden
und den Widerstreit der Meinungen ausgleichenden Lösung
geführt haben“. Und in der That bietet eine Begriffsbe
stimmung der Hysterie große Schwierigkeiten. „Sie liegen
teils in dem Wesen der Affektion selbst, teils darin begründet,
daß sie sich so häufig mit andern Neurosen, besonders
Neui’asthenie verknüpft“. 2 ) Es ist also nicht leicht, das
Wesen der Hysterie auf ein Grundgesetz zurückzuführen.
Man würde dabei immer nur einem Teile der Erscheinungen
gerecht werden, würde aber nicht eine Alles umfassende
Analyse erhalten. Und so sind auch die verschiedensten
Definitionen über die Hysterie zu Tage gefördert. Möbius
sagt z. B.: „Hysterisch sind alle krankhaften Veränderungen
des Körpers, die durch Vorstellung verursacht sind“. 0 p -
pen heim 3 ) legte dann das Hauptgewicht auf „die gestei
gerte Affekterregbarkeit und den krankhaft gesteigerten
Einfluß der Gemütsbewegungen auf die diese in der Norm
begleitenden motorischen, sensorischen, vasomotorischen und
sekretorischen Funktionen und sagte: „Die Hysterie ist ein
abnormer Seelenzustand. Die Anomalien betreffen in erster
Linie die affektive Sphäre, es besteht ein Mißverhältnis
zwischen der Intensität der Reize und der Stärke der Ge
fühlsreaktion“. S t r ii m pell 4 ) faßt sie als eine Erkrankung
auf, „die sich ausschließlich auf die mit den psychischen
Vorgängen unmittelbar verknüpfte Gehirntätigkeit bezieht“.
Und so könnte ich noch verschiedene Definitionen anführen.
Aber so nahe vielleicht auch manche Erklärungen der Wahrheit
kommen, entschieden ist die Frage nach dem Wesen derblysterie
*) Binswanger: Die Hysterie. Wien 1904.
s ) Oppenheim: Lehrbuch der Nervenkrankheiten. Berlin 1905.
’) Oppenheim: a. a. O.
4 ) Strümpell: Spez. Pathologie und Therapie. Leipzig 1900.