Full text: Über hysterische Psychosen im Kindesalter

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Anamnese: (Vom Vater abgegeben). 
Eine Schwester des Vaters hatte 4 mal eine Gravi- 
ditätspsychose. Jüngere Schwester der Patientin soll gesund sein. 
Patientin lernte zur Zeit laufen; ihre Leistnngen iu der 
Schule waren vorzüglich. 
Mit 6 Jahren (1897) hatte sie eine Influenza, nachher 
angeblich jahrelang Lungenkatarrh. Im Jahre 1901 Masern, 
1902 nochmal 
Im Januar 1903 klagte Patientin zuerst über Schmerzen im 
Nacken, die sich dann auch auf den Rücken ausdehnten, später 
hatte sie auch Schmerzen in Armen und Beinen, „überall, wo 
Fleisch säße“. 
Bis Ostern 1903 lag Patientin im Bett, konnte nicht 
gehen, konnte sich überhaupt angeblich nicht rühren, mußte 
ins Bett, ins Bad u. s. w. getragen werden. Trotzdem stand sie 
aber, wenn sie sich unbeobachtet glaubte, allein auf und schaukelte 
z. B. einmal ihre kleine Schwester in der Schaukelwanne, sagte 
ihr jedoch dabei: „Sags nicht der Mutter“. Als sie dann später 
wieder aufstand und wieder zu gehen anfing, hinkte sie. 
Im März 1903 hatte sie einmal einen Krampfanfall, 
den der Hausarzt als hysterisch bezeichnete. Die Anfälle häuften 
sich in den ersten 5 Tagen, blieben dann bis zum 30. März 1904 
ganz fort, seitdem hat Pat. sie fast ununterbrochen. Während 
derselben wirft sie sich aus dem Bett auf den Boden, kriecht 
unter das Bett, ohne sich je zu verletzen. Auch kein Zungenbiß. 
Nie eingenäßt. 
Nach dem Anfall ist Patientin gleich wieder ganz geordnet. 
Während der Nacht sind nie Anfälle beobachtet, 
Pat. schläft immer fest. 
Seit einiger Zeit ist sie auch psychisch verändert: Sie 
ist sehr eigenwillig, beklagt sich ständig, daß man nicht genug 
Rücksicht auf ihr Leiden nähme, weint und schreit laut ohne 
jeden Grund, schlägt um sich, stößt mit den Füßen, wenn sie 
angezogen werden soll. Besonders in den letzten Tagen ist Pat. 
sehr erregt, schimpft laut, indem sie die Schimpfworte mit un 
glaublicher Schnelligkeit hervorstößt. Äußert u. a.: „Ihre An 
gehörigen wollten sie langsam zu Tode quälen, um sich ihrer zu 
entledigen“. 
Hat seiL'-gestern kein Wasser mehr gelassen, obwohl 
sie im Laufe des Tages viel Wasser getrunken hat. Fordert man 
sie auf, Urin zu lassen, so weigert sie sich, „das sei ein so 
angenehmes Gefühl“. 
Patientin trinkt nur Wasser, weist alles andre Getränk zurück. 
Verweigerte überhaupt oft tagelang die Nahrung, es wurde 
aber beobachtet, daß sie dann heimlich aß.
	        
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