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wir an den unteren Extremitäten eine Störung, die wir mit
Astasie und Abasie bezeichnen. Sie besteht darin, daß,
während die Beinmuskeln im Liegen und Sitzen jede Funktion
ausführen können, also durchaus nicht gelähmt sind, sie
nicht imstande sind, jene koordinatorisehe Thätigkeit zu
leisten, die zum Gehen oder Stehen notwendig ist. Bruns 1 )
behauptet sogar, daß diese Erscheinung bei Kindern viel
häufiger sei als wirkliche Lähmungen.
Von anderen Lähmungserscheinungen seien noch die
Aphonie und der Mutismus erwähnt. Die Aphonie ist
ein Zustand, wo die Kinder plötzlich die Stimme verlieren,
sodaß sie nur noch im Flüstertöne sprechen können, beim
Mutismus verbindet sich gewissermaßen Aphonie mit totaler
Aphasie, die Kinder sind vollkommen stumm. Für beide
Erscheinungen giebt die Litteratur zahlreiche Beispiele.
Die zweite Stelle iubezug auf ihre Häufigkeit nehmen
die Störungen der Sinnesorgane eiu, besonders des
Gesichts und des Gehörs.
Sehr oft geben die Kinder an, daß sie undeutlich und
verschwommen sehen. Untersucht man dann die Augen,
so findet man eine Abnahme der Sehschärfe, rasches Ermüden
beim Sehen und, was besonders charakteristiseh ist, eine
konzentrische Gesichtsfeldeiuengung. Ähnliche Störungen
finden wir oft beim Gehörssinn, die Kinder sind schwer
hörig, ja völlig taub.
Dann kommen Störungen der sensiblen Sphäre.
Sämtliche Störungen der Hautsensibilität,
Anästhesie, Hyperästhesie, Parästhesie und Analgesie, sind
nach Ansicht der meisten Autoren — wenigstens in aus
geprägter Form — viel seltener als beim Erwachsenen,
namentlich soll die Anästhesie, wenn sie vorhanden, nicht
so weit in die Tiefe gehen, sondern nur oberflächlicher
Natur sein. Indessen kommen sie doch garnicht so selten vor.
Eine typische, und für die Hysterie der Erwachsenen
so charakteristische Hemianästhesie allerdings wird von den
*) Bruns: a. a. 0.