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denten von 13 hysterischen Personen 20, die neuropathisch
waren (Epileptische, Blödsinnige, Alkoholiker, Hysterische).
Was jedoch nicht von Allen anerkannt wird, das ist
der zweite vorhin von mir erwähnte Fall, die intrauterine
Erwerbung der Prädisposition. Bruns 1 ), der allerdings
der Meinung ist, „daß der Vererbung bei den Nervenkrank
heiten überhaupt eine etwas zu große Bedeutung beigelegt
wird“, geht sogar direkt dagegen an und sagt, wenn man
außer allen organischen und funktionellen Nerven- und
Geisteskrankheiten auch noch den Arthitrismus im weitesten
Sinnne und vielleicht sogar noch die Tuberkulose heran
ziehen wolle, daß man dann schließlich bei jedem Menschen
eine erbliche Belastung herausfinden könne, wenn man nur
genügend weit zurückgrille. Ob er mit dieser Ansicht recht
hat, will ich nicht entscheiden. Es mag ja sein, daß man
der „neuropathiscben Veranlagung“ in dieser Beziehung
mitunter eine etwas zu große Bedeutung beilegt, in manchen
Fällen ist sie aber sicher nicht zu leugnen. Einen Beweis
dafür giebt Grasset 2 ), der an der Hand von 25 Kran
kengeschichten einen Zusammenhang von skrophulöser und
tuberkulöser Diathese und dem Zustandekommen der Hysterie,
nachgewiesen hat.
Ich komme nun zu dem dritten Fall, der von Bins-
wanger so genannten „neuropathiscben Belastung“, d. h.
der extrauterinen Erwerbung der Prädisposition. Eine
solche Prädisposition kann natürlich auf die verschiedenste
Weise zustande kommen, da sich dabei sowohl körperliche
als auch psychische Momente geltend machen.
Als die Psyche besonders schädigend wird von fast
allen Autoren eine mangelhafte oder falsche Erziehung
angegeben. Und es ist klar, daß eine Erziehung, die die
Launenhaftigkeit der Kinder nicht unterdrückt, die dieStärkung
des Willens und der Energie vernachlässigt, die die Phan
tasie der Kinder in unpassender Weise anregt, oder die an-
*) Bruns: a. a. 0.
2 ) Grasset: The relation of hysteria with the scrofulous and the
tubercular diathesis. Brain 1884.