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Wäre der Mutter das Schicksal des Kindes gleichgültig
gewesen, so hätten wir den Ausgang der normalen Geburt
trotz der sehr ungünstigen Chancen für das Leben des
Kindes ahgewartet. Wir hätten dann für die folgende
Schwangerschaft die Frühgeburt zur richtigen Zeit eingeleitet.
Wäre dann das Kind gleich darnach gestorben, so hätten
wir die Entbindung durch Kaiserschnitt für die folgende
Schwangerschaft in Aussicht gestellt. Da aber die Mutter
jetzt ein lebendes Kind haben wollte und sich vor den
Gefahren eines Kaiserschnittes nicht scheute, so wurde die
Operation, wie oben erwähnt, vorgenommen. Auf Wunsch
des Mannes sollte zur selben Zeit die Sterilisation der Frau
vorgenommen werden, um sie vor den Gefahren der weiteren
Schwangerschaft zu schützen. Die Frau wünschte jedoch,
daß die Menstruation erhalten bleibe, da das Aufhören der
Menstruation, wenn es nicht durch Schwangerschaft bedingt
ist, nicht nur einen ungünstigen Einfluß auf die Ovarien
ausübt, sondern auch in gewissen Fällen eine starkpsychische
Depression herbeiführt.
Bei Berücksichtigung aller dieser Momente wäre eine
hohe Amputation oberhalb des os internum besser, weil
ungefährlicher gewesen. Doch war dieses Verfahren damals
noch nicht in der Klinik geübt worden.
Ob die Infektion bei der Operation entstanden ist,
oder ob sie von der Innenfläche des schon infizierten Uterus
fortgeleitet worden, ist mit Sicherheit nicht zu entscheiden.
Eine primäre Infektion der Bauchhöhle bei einer Operation
ist in dieser Klinik höchst selten, so daß die sekundäre In
fektion vielmehr wahrscheinlich ist. Aus dem Belag der
Uterus-Innenfläche, der Darmschlingen und Stichkanäle wurde
der Staphylococcus pyogenes aureus gezüchtet.
Wenn wir durch die hohe Amputation die Menstruation
erhalten können, so scheint es mir, daß der unglückliche
Verlauf solcher Fälle wie dieser, gegen die Uterus-Naht
spricht bei allen nicht sicher aseptischen Fällen.
Was den zweiten Fall anbetrifft, so belehrt uns der
Verlauf der ersten Schwangerschaft bei dem allgemein
verengten Becken (Conj. diag. 9,4) die Schwierigkeit der