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Der wichtigste Beweis dafür ist wohl die Tatsache,
daß beim Auftreten des Primäraffekts auch bereits die Im
munität gegen eine neue Infektion eingetreten ist. Ist
doch diese Immunität als Differentialdiagnostikum zwischen
dem weichen venerischen Geschwür und dem syphilitischen
harten Schanker angewandt worden und hat in dem Streit
zwischen die Unitäts- und Dualitätslehre eine so gewichtige
Rolle gespielt. Niemals ist es bis jetzt gelungen, durch
Uberimpfung des Virus eines syphilitischen Primäraffektes
auf seinen Träger einen neuen Primäraffekt zu erzeugen.
Die sogenannte Autoinoculation hat sich stets als eine
Infektion durch Strepto- und Staphylococcen durch Ver
unreinigung des Syphilisvirus oder als den Pseudoschanker
ausgewiesen, der typischen Reaktion des mit SyphiMsgift
durchsetzten Gewebes auf Reize, in Form einer In
duration.
Einen weiteren Beweis der Allgemeininfektion finden
wir in dem in der Regel isoliertem Auftreten des Primär-
affektes. Wo, wie es ja nicht so sehr selten ist, multiple
Primäraffekte Vorkommen, (Mauriac führt im Journ. de
medicine et de Chirurgie pratique 1891, S. 158 einen Mann
an, bei dem 7 Schanker entstanden waren), so lassen sie
sich auf gleichzeitiger Infektion in verschiedenen Stellen,
z. B. Genitalien und Mund, oder Brust und Mund, zurück
führen. Das Auftreten von verschiedenen Primäraffekten
nach Infektionen, die längere Zeit hintereinander liegen,
sind so sehr selten, daß sie nicht gegen den Beweis
sprechen könnten.
Schließlich hat R. W. Taylor an der Hand zweier
pathologischer Präparate demonstrieren können, daß be
reits in den ersten Tagen nach der Infektion, diese in so
diffuser und rapider Weise auf dem Blut- und Lymphwege
weiterschreitet, daß eine genügende und wirksame Ex-
cision garnicht mehr möglich ist. N. Y. med. Record.
4. Juli 1891.