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mehrere Tage ärztliche Behandlung in Anspruch. Arbeitete
bis zuletzt. Am 20. Juni 1903 weinte sie den ganzen Tag,
nachdem sie vorher ganz vergnügt gewesen war und des
Glaubens war, daß sie jetzt zu Hause bleiben könnte, da
die Arbeit jetzt auch viel besser von. Statten ginge. Hatte
sich ganz eingerichtet, um bei ihren Verwandten zu bleiben.
21. VI. 03. Heute Morgen stand sie sehr früh auf,
um ihre Arbeit zu verrichten, tat dieselbe auch, benutzte
aber einen unbewachten Augenblick, um sich am Bettpfosten
mit einem Handtuch aufzuhängen.
Sie war bereits bewußtlos, als sie losgelöst wmrde.
Mehrere Male soll Patientin nach Aussage ihrer An
gehörigen während ihres Aufenthaltes Selbstmordversuche
verübt haben, indem sie alles trank, was sie erlangen konnte.
Immer und immer wieder erklärte Patientin ihren
Verwandten mit Vorhalt, sie sei so schlecht zum Leben,
man solle ihr doch lieber beim Selbstmordversuch behülflich
sein. Die anderen Leute seien alle so gut, nur sie allein sei
so schlecht und habe keine Lust mehr am Leben.
Nach Aussage der Verwandten fanden die Suicid-
Versuche meistens morgens früh statt. Der Schlaf war
stets ein guter, allein der Appetit verschlechterte sich bei
ihr von Tag zu Tag.
Soll schon vor einem Jahre über schmerzhaftem Druck
auf der Brust geklagt haben, äußerte oft, daß sie nicht mehr
denken könne, ihr Kopf wäre von lauter Weinen leer.
Die Menses hatte sie zuletzt vor acht Wochen, dieselben
sollen stets unregelmäßig gewesen sein.
21. VI. 03. Wird auf Anraten der sie behandelnden
Ärzte der hiesigen Nerven-Klinik überwiesen.
Sie macht im Aufnahmezimmer einen sehr gedrückten
und gehemmten Eindruck. Will zuerst nicht mitgehen,
klammert sich an ihre Angehörigen fest, die sie mitgebracht
haben. Auf Befragen sagt sie: ,,Sie sei seit ihrer letzten
Stellung so schwermütig, habe ihre Pflicht nicht mehr getan,
habe nicht mehr arbeiten können, sie sei zu schlecht gewesen“.
Als man ihr die Geschichte von dem Eindringen des
Mannes in ihr Schlafgemach vorhält, stellt Patentin jetzt