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gemachten Statistiken: Gerade das niedere Alter ist von der
multiplen Sklerose prädilectiert.
Nicht ganz dem gewöhnlichen Bilde der multiplen Sklerose
entsprechend finden wir in diesem Falle eine nicht unerhebliche
psychische Alteration des Pat. Schon die Anamnese enthält
mehrmals Angaben von Seiten der Verwandten, die von einer
Änderung in Stimmung und Charakter des Pat. sprechen. —
Nach den Darstellungen des Schwiegervaters (1. Ehe) müßten
diese Störungen gar schon weit vor dem eigentlichen Beginn
der Erkrankung zurückreichen, doch handelt es sich in dem
Falle um nicht ganz einwandsfreie Aussagen — Es wird betont,
daß bei dem Pat. das plötzliche Auftreten eines läppischen Be
nehmens, ferner ein leichter Stimmungswechsel aufgefallen sei.
Das Nachlassen seiner geistigen Funktionen hat Pat. selbst
bemerkt.
In dem Krankenhause hat dieser Zustand eine Exacerbation
erfahren. Verschiedentlich sind von dem Pat. Größenideen geäußert
worden, ständig befindet Pat. sich in einer Euphorie, die sich in
schroffem Gegensätze zu der Schwere seines Leidens und der
tatsächlichen Hilflosigkeit seines Zustandes befindet. Bei näherer
Prüfung (s. Krankengeschichte) hat sich eine nicht unbedeutende
Abnahme der Intelligenz des Pat. ergeben, die ihren Ausdruck in
mangelnder und fehlerhafter Beantwortung leichter Fragen und
einer starken Interesselosigkeit hat.
Wie schon eingangs erwähnt, finden sich stärkere Demenz
oder überhaupt bedeutendere Hirnsymptone, die pathologisch
anatomisch auf umfänglichere Mitbeteiligung der Hirnrinde schließen
ließen, nur selten im Gefolge der multiplen Sklerose. Auch hier
haben wir es nicht mit einem Extremfall zu tun, aber schon die
oben geschilderten Störungen in der psychischen Funktion des
Pat. dürften immerhin als Ausnahme angesehen werden.
Im großen und ganzen betrachtet, ist der vorliegende Fall
ein ziemlich schwerer. Das Leiden hat recht akut eingesetzt
und in kurzer Zeit große Fortschritte gemacht. Bedeutendere
anhaltende Remissionen sind nicht eingetreten.
Begonnen hat die Krankheit mit Schwäche und Schwere in
den Beinen, im Anschluß an einen größeren Spaziergang. Diese
Motilitätsstörungen, meist als erstes Zeichen der beginnenden
Erkrankung von dem Pat. bemerkt, leiteten also auch hier die
Krankheit ein. Im weiteren Verlaufe ist eine schnelle Ver