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Auch in der hiesigen chirurgischen Klinik sind in den
letzten Jahren eine Reihe von Patienten mit deform geheilten
Frakturen eingeliefert worden. Durch die Güte des Herrn
Geheimrat Professor Dr. Helfer ich ist es mir gestattet
worden, die im Laufe der Jahre 1899/1905 hier behandelten
derartigen Fälle zu veröffentlichen. Es sind dies im ganzen
13 Fälle, deren genaue Krankengeschichte am Ende dieser
Schrift abgedruckt sind. An der Hand der hierbei erzielten
Erfolge, die im allgemeinen als günstig bezeichnet werden
können, sei es mir gestattet, die einschlägigen Operations
verfahren näher zu betrachten.
Schon in den ältesten Zeiten wurden Versuche gemacht
die deform geheilten Frakturen zu bessern und zwar mittels der
Osteoclase. Bereits beiHippocrates finden wir in seinem
Werke: de fracturis über: eine Äußerung, daß er ein
Wiederbrechen deform geheilter Knochen für wünschenswert
und möglich halte. (Utilius fuerit, ut si quis male curandus
sit, ambo potius crura fracta habeat, quam alterum tantum).
Leider aber findet sich in dem ganzen Buch keine Stelle,
die uns irgendwie Aufschluß oder nähere Angaben über die
Art und Weise des Verfahrens geben könnte. Auch Oelsus
scheint, wie man aus seinem Werke schließen kann, das
Wiederbrechen der Knochen bereits praktisch geübt zu haben.
Ferner sind es vornehmlich noch Galen und Oribasius,
die sich über Behandlungsmethoden geäußert haben. Ihr
Verfahren bestand wahrscheinlich wie bei Celsus in einem
Wiederabbrechen des Knochens im neugebildeten Callus.
Während aber Galen diese Heilungsmethode nur so lange
für angezeigt hielt als die Knochennarbe noch keine voll
kommen harte Beschaffenheit besaß, ging Oribasius weiter,
indem er auch nach vollständiger Konsolidation des Knochens
noch die Trennung vornahm. Die Operation ward wahr
scheinlich in der Weise ausgeführt, daß durch Zug und Gegen
zug mit oder ohne angebrachten Druck auf die Bruchstelle
das Wiederabbrechen im Callus bewerkstelligt wurde' War