Full text: Die instrumentelle Beckenmessung seit dem Jahre 1886 und eine Vereinfachung der v. Bylicki'schen Beckenmeßmethode

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vorsichtig den Urethralwulst beiseite und bringen das hintere Ende 
des Stabes an seinen Meßpunkt am Symphysenknorpel. Dann gehen 
die Finger an das vordere Ende, während die linke Hand durch 
leichten Zug am Griffe das hintere Ende in seiner Stellung • festhält, 
und geleiten dieses ans Promontorium. Man schützt so das mehr oder 
weniger stark gespannte hintere Scheidengewölbe sicher vor der Per 
foration und erhält zugleich einen sicheren Eindruck, um wieviel der 
eingeführte Stab zu klein ist. Dann wird der erste Stab durch einen 
passenderen ersetzt, und nicht selten gelingt es schon beim zweiten 
Male, sonst beim dritten oder vierten Male, das richtige Maß zu 
treffen. Wir üben dabei nicht mehr das von Gauss vorgeschlagene 
»artilleristische Sicheinschießen«, d. h. daß man nach dem erst einge 
führten, etwas zu kleinen Stabe zunächst einen sicher etwas zu großen 
einlegt, und so allmählich das richtige Maß findet. Man belästigt 
durch das Einführen eines auch nur wenig zu großen Meßstabes die 
Untersuchte unnötigerweise mehr, als wenn man langsam von dem zu 
kleinen zu dem richtigen Stabe steigt. Bevor man den passenden 
Stab herausnimmt, überzeugt man sich noch schnell durch die einge 
führten Finger, ob das Ende am Symphysenknorpel noch gut sitzt, und 
entfernt erst dann den Meßstab. 
Ein Vorzug dieser Methode vor manchen anderen ist es auch, 
daß sie ohne jede Assistenz ausgeführt werden kann, und daß ihre 
Resultate nicht dadurch gestört werden, wenn sich die Frau bei der 
Messung einmal bewegt. Auch ist es von Wert, daß die Unter 
suchung sehr schnell vor sich geht, und daß sie nicht wiederholt zu 
werden braucht. Kleine Abschürfungen der Schleimhäute mit geringen 
Blutungen haben wir trotz aller Vorsicht einigemal gesehen. Sonst 
haben wir nichts Nachteiliges bei jenem Verfahren gesehen. 
Bei den exakten Resultaten derselben ist seine Bedeutung für die 
Beurteilung der Walcher’schen Hängelage hoch anzuschlagen. 
Gauss veröffentlicht 14 Beobachtungen an der lebenden Frau. Er 
fand als maximale Differenz der Conjugata obstetrica bei Steinschnitt 
oder Hängelage 1,75 cm, als Durchschnittsdifferenz 1,02 cm. Gauss 
kündet eine ausführlichere Veröffentlichung über diese wichtige Frage 
in seiner Arbeit an. 
Allen 1 denen, welche sich mit der v. Bylicki’schen Beckenmeß 
methode eingehender beschäftigt haben, wird es sicher wünschenswert 
erscheinen, daß dieselbe wegen ihrer Exaktheit und Einfachheit der 
Ausführung in die breite geburtshilfliche Praxis Eingang zu finden 
vermöchte. Es stände dem auch nichts im Wege, wenn nicht bisher 
ein so großes, voluminöses Instrumentarium, wie das von v. Bylicki an 
gegebene und von Gauss modifizierte, dazu nötig wäre. Diesen Nach- 
i Von dieser Stelle ab ist die Arbeit auch im Zentralblatt für Gynäkologie 
1906, Nr. 22, erschienen.
	        
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