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lehrt die ganze Geschichte der Beckenmessung, daß da, wo die Be
rechnung anfängt, die Exaktheit aufhört. Das gleiche gilt von der
genauen Einstellung des gezackten Rahmens von Fahre, der durch
seine auf der photographischen Platte mit erscheinende Zacken eine
leichtere Orientierung auf dem Radiogramme gestattet.
Ferner gestattet, wie deutlich aus den Bildern Worms er’s zu
ersehen ist, die Dicke der Weichteile nur hei mageren Individuen
einigermaßen genaue Aufnahmen, und auch dieses nur post partum
oder im Anfänge der Gravidität, also nur zu Zeiten, in denen die
Frauen gewöhnlich nicht den Geburtshelfer aufsuchen.
Praktische Erfolge dürfte die Radiographie daher wohl nur in
wenigen besonders günstigen Fällen für die Beckenmessung zeitigen,
^ es sei denn, daß das ganze Verfahren Vervollkommnungen erfährt,
wie wir sie jetzt noch nicht ahnen. Jedenfalls erscheint die Äußerung
Wormser’s aus dem Jahre 1900 als verfrüht, daß »die Radiographie
eine genaue Beckenmessung ermögliche«.
An das schon von Skutsch beschriebene Meßverfahren von
Küstner schließt sich in der Idee ein im Jahre 1899 von Bayer
angegebenes Verfahren an. Dieser Autor benutzt eine starke Stahl
sonde, die an ihrer Spitze in einem kurzen, biegsamen Kupferfortsatz
endigt. Die Sonde ist an einem soliden Dreifuße so angebracht, daß
sie sich in Gelenken nach den verschiedensten Richtungen bewegen,
durch Schrauben aber feststellen läßt. Nachdem die Frau auf einem
Lager, welches eine gute Ruhigstellung des Beckens und der Beine
gestatten soll, gelagert ist, wird der Sondenknopf unter sicherer Leitung
eines mit eingeführten Fingers nach Lockerung aller Schrauben in die
Vagina eingeführt und an einen der zu bestimmenden Punkte des
Beckens geführt. Dann werden alle Gelenke durch die Schrauben
festgestellt und die Stellung des Fußes auf einem vor der Vagina
befindlichen genau karrierten Tischchen bestimmt. Darauf wird der
ganze Apparat auf eine Tafel gestellt, welche genau so karriert ist wie
das Tischchen. Die Spitze der Sonde ist dann zu der zweiten Tafel
genau so orientiert wie zu dem Tischchen. Man kann also durch
direkte Messung mit einem Zentimeterstahe die Stellung des Sonden
endes zu der Tafel genau bestimmen, und damit die x-, y- und z-Ko-
< Ordinate desselben finden.
In der gleichen Weise bestimmt man jeden anderen Punkt im
Becken und ermittelt auf der zweiten Tafel die zugehörigen Koordinaten.
Hat man so für alle gewünschten Punkte die drei Koordinaten
bestimmt, so findet man durch trigonometrische Berechnung deren
gegenseitige Entfernungen.
Da man sich auf diese Weise über das Innere des ganzen kleinen
Beckens orientieren kann, so soll die Methode besonderen Wert für
Unterrichtszwecke haben.
Der Autor gibt selbst zu, daß das Verfahren wegen seiner Um
ständlichkeit nur für Kliniken von Bedeutung sein könne, und daß
die Ergebnisse nur dann richtig sein könnten, wenn das Becken der