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In der Literatur finde ich 36 Fälle von Knochen-
absceß am unteren Ende der Tibia. Sie zeigen im ganzen
einen ähnlichen Verlauf wie Fall II und 111. Es fällt
jedoch auf, daß die durchschnittliche Dauer 13 Jahre be
trägt, daß nur einmal schon 8 Wochen, und zweimal 1 Jahr
nach Beginn des Leidens operiert wurde. Es würden
somit unsere Fälle einen sehr günstigen Typus darstellen.
Dieser Unterschied läßt sich ungezwungen dadurch erklären
daß von den 36 Fällen viele vor mehreren Jahrzehnten
beobachtet wurden, als das Krankheitsbild noch weniger
bekannt war, und die Diagnose infolgedessen verhältnis
mäßig spät gestellt wurde. Die Absceßhöhle wird meist
als nußgroß beschrieben. In zwei Fällen kam es zur
Bildung einer Fistel nach dem Fußgelenk, mit Vereiterung
desselben, in zwei anderen Fällen bestand ein nach außen
führender Fistelgang. Einmal (Möhlfeld) führte das
Leiden zu einer bedeutenden Steigerung des Längenwachs
tums der Tibia; sie war 5 cm länger als die gesunde
Tibia.
Im ersten Falle handelt es sich um einen Abseeß
im Kopf und Hals des Oberschenkels. Diese Lokalisation
der Krankheit ist bisher noch nicht beobachtet worden.
Von den fünfzehn Knochenabscessen im Oberschenkel,
die ich in der Literatur finde, liegen dreizehn im unteren
Drittel, zwei ungefähr in der Mitte des Knochens. Be
merkenswert ist dabei, daß in zwei Fällen infolge Pyämie
der Exitus eintrat, in einem dritten wegen Kniegelenk
vereiterung amputiert wurde. Auch unser Fall zeigt einen
verhältnismäßig schweren Verlauf. Es dauerte noch einige
Wochen nach der Operation, bis die Temperatur zur Norm
zurückgekehrt war. Auch in anderer Hinsicht bietet die
Krankengeschichte interessante Verhältnisse. Das Leiden
erstreckt sich über einen Zeitraum von 21 Jahren. Der
Beginn im 15. Lebensjahr ist meines Erachtens zu deuten
als eine akute Osteomyelitis des rechten Oberschenkels mit