Full text: Über Eifersuchtswahn bei chronischem Alkoholismus

11 
logischen Rauschzuständen in Zusammenhang gebracht werden: 
Der Kranke sieht abends Schatten und Gestalten, die er als 
Liebhaber seiner Frau auffaßt, und derartige Wahrnehmungen 
können, wenn sie nicht alsbald in ihrer Irrealität erkannt 
werden, den Anlaß länger festgehaltener Vorwürfe der ehe 
lichen Untreue gegen die Frau bilden und bleiben es nament 
lich bei dem alten Gewohnheitstrinker, der schon morgens 
wieder zur Flasche greift und somit nie in einen Zustand 
gelangt, in dem er zu leidenschaftsloser und besonnener Kritik 
seiner deliranten Wahrnehmungen fähig wäre. Eine andere 
Kategorie basiert auf den Erscheinungen des Beziehungswahns; 
die „bedeutsamen“ Wahrnehmungen sind z. B. ein Fleck auf 
dem Bettuch, Unordnung an den Kleidern der Frau, Schritte 
auf der Treppe u. s. w. Alles dieses „beweist“, daß noch 
•soeben ein Anderer den ihm gebührenden Platz eingenommen 
hat. Bei der zweiten Form, die seltener ist, handelt es sich 
um eine fixierte und in der Mehrzahl progrediente Wahn 
bildung“. 
Die Weiterentwicklung der Eifersuchtsparanoia im engeren 
Sinne erfolgt zunächst wieder auf der Basis des Beziehungs 
wahns. Dazu kommen sehr häufig Erinnerungsfälschungen, 
„wobei es sich nicht um nachträgliche falsche Deutung des 
wirklich Erlebten handelt, sondern um spätere Konfabulation 
im Sinne der Wahnideen“. Der Kranke erinnert sich mancher 
Bemerkung anderer, die ihm schon früher, ja vor Jahren über 
das Leben und Treiben seiner Frau gemacht sind. Stellt sich 
durch Nachfrage bei den Betreffenden die Haltlosigkeit dieser 
Angaben heraus, so wollen sie nur nichts mit der Sache zu 
tun haben. 
Eine Menge eigentümlicher Charakteristika bietet der 
Eifersuchtswahn dar. Fast nie wird der Verdacht näher prä 
zisiert, der Nebenbuhler bestimmt und eindeutig bezeichnet. 
Die gewöhnlichen Beschuldigungen sind vage, ungenaue An 
gaben, die Frau hure herum, halte es mit aller Welt, mit 
jedem beliebigen Kerl. Weiter charakteristisch ist auch der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.