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Müller veröffentlicht eine Reihe von interessanten
Fällen von lokalisierter, idiopathischer Epilepsie, die im Status
heraiepilepticus zum Exitus und zur Obduction gekommen
sind und bei denen die Gehirnsektion zum größlen Teil ein
negatives Resultat ergeben hat, zum kleinen Teil durch den
Befund keine befriedigende Erklärung für die lokalisierte
Epilepsie dargeboten hat.
Ein derartiger Fall von lokalisierter Epilepsie mit nega
tivem Sektionsbefund ist auch in der hiesigen Psychiatrischen
und Nervenklinik zur Beobachtung gekommen.
Krankengeschichte:
23. XI. 05. Anamnese (vom Ehemann abgegeben):
Die Ehefrau Johanna St., 45 Jahre alt, ist bisher nicht in
der hiesigen Klinik gewesen. Uber erste Menses nichts be
kannt. Nach Verlassen der Schule zuerst als Dienstmädchen,
dann als Schneiderin tätig. Februar 1884 Heirat. Glück
liche Ehe. 4 Partus. _ Geburten und Wochenbetten normal.
Zuletzt 1 Abort. Seit 7 Jahren Menopause. Seit 3—4 Jahren
trinkt Patientin täglich Bier, oft Schnaps bis zu 30 4. Oft
betrunken, lärmt nicht, schläft ein. In der Trunkenheit
keine verkehrten Handlungen. Referent hat, um sie zu
entwöhnen, alle Einkäufe selbst besorgt und seiner Frau
kein Geld mehr gegeben. Im Frühjahr 1905 erkrankte Pat.
an Gallensteinen und Lebervereiterung und wurde daher in
der hiesigen chir. Klinik operiert. War dann 6 — 8 Wochen
zu Hause, wo sie plötzlich einen „Anfall“ bekam. Sie fiel
zu Boden, war „steif am ganzen Körper“ und hatte die
Sprache verloren. 2 Stunden später wurde Pat. zur medi
zinischen Klinik geschafft, von wo sie nach 3 Wochen gesund
entlassen wurde. In der letzten Zeit hat sie angeblich nur
wenig getrunken. Gestern Abend fühlte sich Pat. schon
nicht wohl, klagte über „Kneifen im Leibe.“ Heute Morgen
10 Uhr bekam sie einen „Anfall“, schrie laut auf, fiel plötz
lich zur Erde und zuckte mit Armen und Beinen. Schaum
vor dem Munde, Lippenbiß. Bis 2 Uhr nachmittags Krämpfe.
Zwischen den einzelnen Krampfanfällen ca. 5 Min. Pause.
Km 2 Uhr wurde von einem herbeigerufenen Arzt die