ja die sehr großen, anhaltenden Schmerzen (s. o. angeführte
Beispiele). Jedoch konnten diese Symptome auch noch einen
anderen Gedanken wachrufen, nämlich den, daß das Geschoß
den Nerven überhaupt nicht verletzt habe, sondern in seiner
Nähe liege und durch Druck auf den Nerven die Er
scheinungen hervorriefe. Das Röntgenbild lieferte keine
einwandsfreie Entscheidung. Da die Schmerzen nicht nach
ließen, so war in unserem Falle eine Indikation zum
operativen Eingreifen gegeben, ein Abweicheu von den oben
angegebenen Regeln gerechtfertigt. In diesem Gedanken
wurde die Operation vorgenommen und ergab einen Befund,
wie man ihn nicht erwartet hatte. Der N. uluaris zeigte
eine 1 cm lange schlitzförmige Durchbohrung, eine für eine
Friedensverletzung sehr seltene Läsion, die, wie schon oben
erwähnt, in den letzten Kriegen häufig beobachtet ist und
ihre Erklärung nur durch die Eigentümlichkeiten der Kriegs
geschosse fand. Und hier hatten wir dieselbe Verwundung
durch ein stumpfes Weichbleigeschoß, welches allerdings
wenig deformiert in dem benachbarten Knochen saß, ohne
auf den Nerven zu drücken — und doch immerhin aus
einer Entfernung von 1 m abgeschossen war.
Wie soll mau nun diese allen sonstigen Lehren von
Nervenverletzungen durch Friedenswaffen widersprechende
Tatsache erklären?
Meiner Ansicht nach ist dies einzig und allein möglich
durch die besonderen anatomischen Verhältnisse des N. ulnaris
am Epicondylus medialis und durch die Haltung des Armes
im Moment der Verwundung.
Die Einbettung der Nerven in lockeres Bindegewebe
hat meistens zur Folge, daß sie der anprallenden Kugel
seitwärts ausweichen und so einer Verletzung entgehen. Am
Epicondylus medialis liegt der Nerv jedoch in einer ziemlich
tiefen Knochenrinne eingebettet, so daß seine seitliche Be
wegungsfreiheit gleich Null ist, es müßte denn schon zu
einer Luxation des Nerven kommen, die au dieser .Stelle
unter gewissen Verhältnissen nicht so sehr selten sind.
Zudem war der Nerv durch die leichte Beugung des Unter
arms auch noch angespannt, also noch mehr in seiner seit-