72
also der Protest nur zu erklären, wenn der Protestat handlungs
unfähig ist und dies dem Wechselinhaber nachweislich bekannt
war oder bekannt, sein mußte: letzteres wird der Richter nur
annehmen, wenn ganz besondere Umstände darauf hinweisen.
16.
Was den Protest mangels Annahme betrifft, so ist nach
unsern Darlegungen über ihn nur weniges noch hinzuzufügen.
Im Prinzip wird mit Recht von unserer A. D. W. O. der Regreß
anspruch nicht von der Erhebung des Protestes mangels Annahme
abhängig gemacht.
Unberechtigt ist es aber, in dem Falle des Art. 24, Abs. 2
die Präsentation zur Annahme bei Verlust des wechselmäßigen
Regreßanspruchs gegen den Aussteller und die Indossanten vor
zuschreiben : nämlich dann, wenn der Aussteller eines Domizil
wechsels die Präsentation zur Annahme vorgeschrieben hat.
Wir sind mit Cohn m ) der Ansicht, daß es sich mit dem
Geiste unseres heutigen Wechselrechts nicht mehr verträgt, den
Inhaber eines Wechsels zu zwingen, die Interessen des Ausstellers
wahrzunehmen, indem er den Domizilwechsel zur Annahme vorlegt:
„Der Inhaber ist kein Mandatar des Ausstellers, es sollte daher
„auch nicht gegen seinen eigenen Wunsch das Accept im Interesse
„des Ausstellers zu besorgen haben.“ Grünhut’s 176 ) Begründung
der Vorschrift des Art. 24, Abs. 2 ist wohl geeignet klarzumachen,
daß diese Vorschrift in ein Wechselrecht, das auf der Mandats-
theorie aufgebaut ist, hineinpaßt, zugleich aber erweist sie, daß
jene Norm in unserem heutigen abstrakten und strikten Wechselrecht
keinen Platz mehr behaupten kann. Noch unberechtigter als die
Vorschrift des Art. 24, Abs. 2 der A. D. W. O. sind, nach dem
Gesagten, die weiter gehenden Normen der ausländischen Wechsel
ordnungen, z. B. der Bills of Exchange Act. sect. 39.
Gegen die Notwendigkeit der Annahmepräsentation bezw.
des Protestes'bei Nichtannahme oder Nichtdatierung der Annahme
”°) Zeitschrift für vergl. Rechtswissenschaft, IV. S. 51; ebenso Leist,
W.-Pr. und seine Reform S. 39 ff.
m ) Wechsel-Recht, 1897 II, S. 199.