Full text: Untersuchungen über das elektromotorische Verhalten der Netzhaut bei Warmblütern

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kühlung u. s. w. zurückzuführen ist. Die kürzeste in meinen Versuchen 
registrirte Latenz beträgt 0-02 Secunden, die längste ungefähr das 15 fache, 
nämlich 0-357 Secunden. Die fortschreitende Ausdehnung des Intervalles 
zwischen Reiz und Reaction wird durch die Zahlenreihe der Tabelle I ge 
kennzeichnet. Es sind die Latenzzeiten angegeben, welche in auf einander 
folgenden Reizversuchen an ein und demselben Thiere gefunden wurden. 
Zwischen je zwei Registrirungen vergingen (durch Entwickeln und Neu- 
aufspannen des photographischen Papieres u. dgl.) etwa 15 Minuten, zwischen 
den beiden letzten Aufnahmen 20 Minuten. 
Tabelle I. 
Zeit der Messung 
Latenz 
Etwa 
15 Minuten nach der Operation 
0-024 Secunden 
>y 
30 „ ,, ff ft 
0-036 
99 
45 „ jf ff 99 
0-071 „ 
99 
65 JJ JJ 99 99 
0-143 
Lässt schon die Zunahme der Latenz mit der Dauer des Versuches 
die Annahme sehr wahrscheinlich werden, dass es sich um ein Symptom 
der fortschreitenden Ermüdung und des allmählichen Rückganges der 
Reactionspräcision und der Leistungsfähigkeit der Netzhaut handelt, so wird 
dies fast zur Gewissheit durch die Thatsache, dass man durch einen die 
Ernährung des Organes stark schädigenden Eingriff, wie es die Enucleation 
des Bulbus ist, eine erhebliche Verlängerung der Latenz willkürlich herbei 
führen kann. Die Messung der Latenz an einem in situ befindlichen 
Bussardauge ergab 0-06 Secunden, nach der Enucleation betrug sie mehr 
als das doppelte, nämlich 0-14 Secunden. Das Auge blieb noch 10 Minuten 
lang reactionsfähig, doch wurden die Stromschwankungen bis zum Erlöschen 
immer kleiner und träger ablaufend. Immerhin ist die Ueberlebenskraft 
der Netzhaut des enucleirten Auges bemerkenswert!!, und Kühne und Steiner 
(14 und 15) machen mit Recht darauf aufmerksam, dass wir die photoelek 
trischen Vorgänge nach allen sonstigen Erfahrungen über die Ueberlebungs- 
kraft der Ganglienzellen nicht auf diese eigentlich nervösen Gebilde der 
Netzhaut, sondern mit weit grosserer Wahrscheinlichkeit auf die Sinnes- 
epithelien, die Stäbchen und Zapfen, beziehen müssen. 
Nicht nur die Latenzzeit nimmt im Laufe der Versuche continuirlich 
zu, sondern auch der Ablauf der folgenden Stromschwankung erfährt Ver 
änderungen. Der Abfall der elektromotorischen Kraft bei Belichtung, 
welcher sich in den ersten Versuchen relativ schnell vollzog, wird in dem 
selben Verhältniss träger, in dem die Latenzzeit sich auszieht. 
Der Minimalwerth der Latenzzeit, welchen ich bei den Messungen am 
Bussardauge fand — 0-02 Secunden —, dürfte wohl in grösster An- 
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