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tretenden Stromschwankungen auf Richtung, Grösse und nach Möglichkeit
auf ihren zeitlichen Ablauf hin geprüft. Die Grössen der bei Lichtreizung
eintretenden Galvanometerausschläge wurden an der Scala abgelesen und
notirt; es wurden also nur die Yerhältnisszahlen der Stromstärken fest
gestellt und von einer Messung der elektromotorischen Kräfte durch Compen-
sation abgesehen. Da kein Grund für die Annahme vorliegt und auch
keine Zeichen darauf hindeuten, dass sich während der Versuche die Wider
stände im äusseren Stromkreise oder im Auge merklich änderten, so
können die Stromstärken als den elektromotorischen Kräften proportional
betrachtet werden, und man darf in den abgelesenen Werthen der Galvano
meterausschläge die Yerhältnisszahlen dieser Kräfte erblicken. Die Messung
der elektromotorischen Kräfte selbst durch das Compensationsverfahren hätte
kaum zu brauchbaren Resultaten geführt, denn während des bei jeder
Compensirung unvermeidlichen Zeitverlustes pflegt die elektromotorische
Kraft der Netzhaut bereits wieder abzunehmen; dieser Zeitverlust lässt sich
aber in keiner Weise bei jeder Einstellung ganz gleich gestalten, und die
erhaltenen Werthe wären in Folge dessen kaum in zuverlässiger Weise mit
einander in Beziehung zu bringen. Man konnte sich um so eher mit den
durch die Stromstärken ausgedrückten Yerhältnisswerthen der elektro
motorischen Kräfte begnügen, als die Bestimmung in absolutem Maasse
kaum noch grosses Interesse hatte, nachdem einmal festgestellt war, dass
die Kräfte ungefähr von derselben Grössenordnung wie beim Froschauge
waren. Ausserdem war durch die Feststellung der relativen Werthe der
Stromstärken bezw. elektromotorischen Kräfte alles erreicht, was als Ziel
der Untersuchung in Aussicht genommen worden war; und es war besser
erreicht, als es die galvanometrische Messung der elektromotorischen Kräfte
selbst erwarten liess.
Die für die Versuche verwendeten Säugethiere: Kaninchen, Katzen
und Hunde, deren Iris einige Stunden vor dem Versuch durch Atropin
einträufelung gelähmt war, wurden bei leichter Chloroform- oder Äether-
narkose tracheotomirt, dann tief curaresirt und durch rhythmische Zu
führung der Luft durch die Trachealcanüle unter künstliche Athmung ge
setzt. Dann wurde unter Abtragung der Augenlider, des lateralen knöchernen
Randes der Orbita und des Jochbogens, Durchtrennung der lateralen und
oberen Augenmuskeln und Eröffnung der Tenon’schen Kapsel die hintere
Augenwand des Bulbus so weit frei gelegt, bis der Sehnerv sichtbar
war. Die umgebenden Weichtheile wurden so weit entfernt, dass die An
legung der einen Elektrode an die hintere Augapfelwand bei leichtem Vor
ziehen des Bulbus leicht und ohne Berührung der umgebenden Muskeln
möglich war. Das Thier wurde in dem lichtdichten Kasten so gelagert und
der Kopf so fixirt, dass die Cornea des Reizauges sich in etwa 1 cm Ab