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Zweites Kapitel.
„der Aufrechterhalter des Rta“ (11,23,17) 1 „der Rtageborene“
(11,23,15) usw. genannt wird, wenn man von seinem Bogen
spricht, dessen Sehne das Rta ist (11,24,8)? 1 2 Die Be
ziehungen Brhaspati’s zum Rta, sofern die weltordnende
Potenz darunter verstanden wird, sind also gesichert.
Wenn aber Brhaspati als Repräsentant der heiligen
Formel mit dem Rta als Welt- und Kultordnung verbun
den ist, dürfen wir ohne weiteres als selbstverständlich an
nehmen, daß dabei auch die moralische Nuance mit hinein
spielt. Eine Trennung der einzelnen Seiten eines Begriffs,
wie wir sie sonst annehmen müßten, und wie sie für uns
sehr nahe läge, ist für das vedisohe Denken ausgeschlossen.
Man könnte aber Brhaspati’s Beziehungen zur moralischen
Nuance des Rta auch von der entgegengesetzten Seite, vom
Anrta, herleiten. Brhaspati kämpft ja bei der Kuhgewin
nung gegen das Anrta. Hier finden wir ihn inmitten seiner
Begleiter als einen der Ihren. Wenn wir z. B. lesen: „Die
Rtahaften, das Anrta gesehen habend, bestiegen wiederum
von dort, die Weisen, die großen Pfade“ (11,24,7), so dürfen
wir ihn uns wohl unter den Angiras — denn von diesen ist
hier offenbar die Rede — als den Anführer denken; IV,50,1
heißt es Ja geradezu: „Denkend setzten ihn die alten Rsi’s,
die begeisterten, an ihre Spitze . . {pur6 dadhire). So
ist er ein rtavä inmitten der rtavänah im Kampfe gegen
das Anrta. Es bliebe nur noch die Frage übrig, ob die
Angiras diese ihre Rtahaftigkeit von Brhaspati übernommen
haben. Hier muß mit einem entschiedenen Nein geantwortet
werden. Die halbgöttlichen Ahnen der rgvedischen Priester,
als welche uns die Angiras entgegentreten, haben einen
selbstverständlichen Anspruch auf das Rta im rituellen wie
im moralischen Sinne.
1 Vgl. Neißer BB. 20,39 ff.
2 Vgl. Oldenberg 67.