Einleitung. 3
jüngeres verwirrendes Beiwerk, das geeignet ist, Wesen und
Ursprung der Göttergestalten zu verwischen.
Es muß daher vor allem unsere Aufgabe sein, unver-
wirrt durch Einzelheiten die großen Linien, die das Bild
eines Gottes ausmaohen, unter der von Rhetorik und Phan
tasie gewobenen Hülle aufzufmden. Den Ausgangspunkt der
Untersuchung wird vielfach der Name zu bilden haben, der
häufig das Wesen eines Gottes klar bezeichnet, indem er
anzeigt, welches Naturphänomen oder welche Abstraktion
hem Gotte zugrunde liegt. Das aus dem Namen gewonnene
Resultat muß dann natürlich durch die Aussagen der Texte
bestätigt werden. 1 Zu diesem Zwecke werden wir im
Rgveda vor allem auf die Betätigungen eines Gottes unser
Augenmerk zu richten haben. Denn die Taten, soweit sie
sich nach sorgsamer Prüfung des gesamten rgvedischen
Materials als individuell herausgestellt haben, bilden den
verhältnismäßig festesten Bestandteil seines Wesens. Neh
men an diesen Taten auch andere Götter teil, so werden
wir im Zusammenhang und im Gegensatz zu diesen den
-Charakter des zu untersuchenden Gottes klarer herausarbeiten
können. Erst in zweiter Linie werden wir den Beiworten,
soweit sie sich über die gröbste Schmeichelei erheben, Ge
wicht beilegen dürfen. Nur die durch häufige Wiederholung
und durch Übereinstimmung mit den wesentlichen Taten
gesicherten Begleitbegriffe dürfen zur Charakteristik heran
gezogen werden. Die zum Atharvaveda fortschreitende
Untersuchung wird nach dem oben Gesagten auf die Ge
winnung neuen Materials nur ausnahmsweise zu rechnen
haben. Immerhin wird es wertvoll sein, das im Rgveda
gewonnene Bild eines Gottes auch im Atharvaveda bestätigt
zu finden. Eine Ergänzung des Rgveda, dessen Autorität
•durch sein Alter gesichert ist, bilden die Brähmana's, in
denen wir unter einer leicht durchsohauharen mythischen
Hülle oft Gedanken erkennen, die wir als Reflexe alter
1 Vgl. Oldenberg, Vedaforschung 79 f.
1*