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bringen konnte. — Die zu zahlenden Gelder können zwei
Jahre gestundet werden; zahlt der schuldige aber dann
nicht, so wird er vom Vorstand des Handwerks verklagt
vor dem Gewerbegericht, in dem der Burggraf Vor
sitzender, Bürgermeister und Ratgeben Urteiler sind.
Ähnliche Verfassungen haben wir wohl auch für die
anderen Handwerkerorganisationen anzunehmen. Doch
so, daß die größeren früher als die kleineren ihre Ver
fassung ausbildeten. Die kleinsten, im Jahre 1276 z. B.
die Schuhflicker 55 56 ), mußten sich einem anderen Handwerk
anschließen. Die Lederer gehörten zu den größten ü6 ).
Aber auch sie hatten keine eigene Gewerbegerichts
barkeit; die Bußen für gewisse Übertretungen der für
ihre Organisation geltenden Bestimmungen fielen an den
Burggrafen. Die Ordnungen sind von der Obrigkeit
gegeben, ihre Innehaltung unterliegt deren Aufsicht.
Diese Organisationen waren eben noch keine Zünfte.
Den Zünften ist vor allem ein politischer Charakter
eigen 57 ). Zum Begriff der Zünfte gehört nach Keutgen 58 ) :
1. „eine ausgesprochene Autonomie in Gewerbesachen“;
2. „ein gewisses, wenn auch durch die Voraussetzung obrig
keitlicher Genehmigung in jedem Einzelfall beschränktes
Gesetzgebungsrecht (das Recht zu Willküren)“; 3. „vor
allem aber eigene Handhabung des Zunftzwanges“.
Wir hören in Augsburg von Zünften erst im ersten Zunft
*) S. oben S. 162 mit Anm. 47.
56) Herberger, Die Seelhäuser und die Seelgeräte in Augsburg,
ZHV, Bd. 3 (1876), S. 291 sagt über die Lederer: ein Gewerbe,
Elches im 14. Jhdt. „einen besonders hohen Aufschwung genommen
itte", waren die Lederer, „zu welchen alle Leder erzeugenden Gewerbe,
>tgerber, Weißgerber und Pergamenter gerechnet wurden. Sie bewohnten
aen eigenen Stadtteil, welcher nach ihnen „unter den Lederern“
nannt wurde. Die für Augsburg so wichtigen Wasserleitungen hatten
ch ihnen den Gewerbebetrieb erleichtert, sie fanden an den drei
chkanälen der inneren Stadt ihren völlig geschlossenen Kreis von
Arbeitsstätten“.
57 ) Keutgen. Der Großhandel, S. 107.
*) Ämter, S. 183.