Wirtschastsstatistik * Marktbeobachtung * Preisbilduņg Belriebsergebniffe schlesWig- holsteinifcher BauernMirtschaften. Bon der Buchführungs- und Stsuerberatumgsstelle der Landwirtschaftskammer für die Provinz Schleswig- Holstein wird die bäuerliche Beiriebsstatistik des Wirt schaftsjahres 1928-29 veröffentlicht, in der 741 bäuer liche Wirtschaften dieser Provinz auf das Wirifchafts- ergebnis hin untersucht worden sind. Es ist bemer kenswert, dag selbst in einer Provinz wie Schleswig- Holstein, die in ihrer geographischen und klimatischen Lage sowie ihren Bodenverhältnissen nach viel Aehn- lichkeit mit Dänemark hat und infolge der nachbar lichen Lage in der Entwicklung und der Organisation des hauptsächlichsten Betriebszweiges, der Milchwirt schaft und Tierzucht, vielfach gleiche Wege gegangen ist, dennoch eine negative Eutsrente aufzuweisen hat. Diese Eutsrente, die die Verzinsung des eigentlichen Landgutskapitals darstellt, ergab je Hektar landwirt schaftlich genutzter Fläche im Wirtschaftsjahr 1928-29 immer noch einen Verlust von 13,41 RM. Zieht man in Betracht, daß diese Zahlen den durchschnittlichen Ertrag von 741 bäuerlichen Betrieben darstellen, dann ergibt sich, dass dieses Ergebnis nicht zufällig errech net oder willkürlich herausgegriffen ist. Das vorher gehende Wirtschaftsjahr 1927-28 hatte sogar mit einem Verlust von 44,98 RM. im Essamtdurchschnitt der un tersuchten, Betriebe abgeschlossen. Danach ist also im merhin eine Verbesserung innerhalb eines Jahres er reicht worden, die wohl zu einem guten Teil der in tensiven Organisation der schleswig-holsteinischen Mol kereiwirtschaften einerseits, sodann aber den auch im Vergleich zu heute nicht ganz so katastrophalen Preisen für landwirtschaftliche Produkte zu verdanken war. Das zeigt die Indexziffer für Agrarstoffe, die 1928-29 noch 132,5, im Julidurchschnitt des laufenden Jahres da gegen nur noch 114,8 betrug. Dieser erhebliche Rück gang im Verlauf eines Jahres läßt nicht erwarten, daß sich die Besserung auch für das Wirtschaftsjahr 1929-30 fortsetzt. Die größten Verluste innerhalb der Provinz wies der Mittelrücken Schleswig-Holsteins auf, dessen durch schnittliche Gutsrente mit 35,46 gegenüber 58,24 RM. im Wirtschaftsjahr 1927-28 negativ war. Das beste Ergebnis zeigten die bäuerlichen Betriebe der schles wig-holsteinischen Ostküste. Hier war im Durchschnitt von 272 bäuerlichen Betrieben sogar eine positive Gutsrente von 7,97 RM. je Hektar gegenüber einem negativen Ergebnis von 26,01 im Vorjahre erwirt schaftet worden. Die Wirtschaften der schleswig-holstei nischen Westküste hatten dagegen wieder einen negati ven Ertrag je Hektar von 12,25, in Südholstein von 28,13 RM. aufzuweisen. Diese Zahlen sprechen je denfalls nicht für eine weitere noch stärkere Umstel lung auf die Veredelungswirtschaft, wie sie von man chen Wirtschaftsgruppen propagiert wird, zumal es sich u/n eine Provinz handelt, in der diesen Anforderungen schon weitgehend Rechnung getragen ist. ļàeschâKM im Kreise Merrsbrrrg» , Dom Kreishandwerkerhund Flensburg e. V. wird uns geschrieben: Die anhaltende schlechte Witterung hat im Kreise Flensburg nicht allein die Roggenernte empfindlich geschädigt, auch Gerste, Hafer und Gemenge sind in Mitleidenschaft gezogen. Zur Feststellung der Ernte- schäden bereiste daher eine Dehörden-Kommiffion, in welcher das Landesfinanzamt, das Finanzamt, das Landratsamt und das Katasteramt vertreten waren, sowohl den Osten wie auch den Westen des Kreises. Vom Kreisbauernbund Flensburg nahm der Kreis- vorsitzende W. Thomlen-Sankelmark an der Besichti gung teil, an Ort und' Stelle unterstützt von Land wirten der bereisten Bezirk«. - Die Behörden« ertreter konnten sich restlos voll dem überaus schlechten Er gebnis der Getreideernte überzeugen, so daß steuerliche Auswirkungen Gegenstand weiterer Verhandlungen sein werden. Der Totalverlust in der Ernte ergab im Durch schnitt für den Osten des Kreises: Roggen 20 Proz., Weizen 10—15 Proz., Hafer 10 Prog., Gerste 5 Proz.; für den Westen des Kreises: Roggen 40 Proz., Hafer und Gemenge 30 Proz. Hilfeleistung für die Landwirtschaft? In den letzten Wochen hat sich die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft auch in weiten Teilen Schleswig-Holsteins durch die besonders ungünstige Witterung erheblich verschlechtert. Wie der Regie rungspräsident mitteilt, hat er in ernster Sorge um diese bedenkliche Entwicklung alle Maßnahmen ge troffen, um Hilfeleistungen für die Landwirtschaft in den geschädigten Gebieten vorzubereiten und die Lage der am schwersten betroffenen Landwirte zu erleich tern, soweit das überhaupt durch Maßnahmen der provinziellen und örtlichen Behörden ■ geschehen kann. So hat der Regierungspräsident Gelegenheit genom men, sich anläßlich der Bereisung der Provinz durch die landwirtschaftliche Abteilung des Bewertungs beirats einen Ueberblick über den Umfang der Ernte- schäden zu verschaffen Er läßt weiter im Zusammengehen mit dem Prä sidenten des Landesfinanzamtes durch die örtlichen Behörden und feine Sachbearbeiter örtliche Erhebun gen über die Lage und die notwendigen Maßnahmen anstellen. Die Katasterämter sind wiederholt angewie sen worden, die bei ihnen eingehenden Anträge ans Erleichterung preußischer Staatssteuern wegen Ernts- schäden beschleunigt und mit Wohlwollen und Milde zu behandeln. * Versprechungen sind der Landwirtschaft wie auch allen übrigen notleidenden Volksschichten bereits im Uebermaß gemacht worden, und es werden noch mehr ertragen werden können, zumal dafür keine neuen Ab gaben als Gegenleistung erhoben werden. Tatsächliche Hilfe kann aber für unser arbeitendes Volk nur der Abbau der Milliarden-Etats in Preußen und im Reich bringen. Jede Milliarde weniger an diesen Stellen schafft Hunderttaufenden Arbeit. Isltfftetuftle. Bon den Viehmärkten. Der Austrieb an Schlachtvieh zu den ersten Märk ten in dieser Woche war gegenüber der Vorwoche in Rindern und Kälbern auf den meisten Märkten nied riger, in Schafen und Schweinen meist höher. Der Handel verlief langsam bis mittelmäßig. Sie Sch wei ne preise setzten ihre rückläufige Bewegung auf fast allen Märkten fort, Rinder zogen vielfach eine Kleinig keit an, Kälber und Schafe haben sich im Preise nicht wesentlich verändert. Berliner Vichmarkt vom 28. August. Amtlicher Bericht. Auftrieb: 1061 Rinder, 2420 Kälber. 5157 Schafe, 11182 Schweine, sowie 369 vom Ausland und 1982 waren direkt zugetrieben. Preise für 1 Pfund Lebendgewicht in Pfennigen: Ochsen as 60— 62, b) 57—59. c) 54—56, d) 49—52 Bullen a) 56 bis 58, b) 53—55, c) 50—52. d) 47—49, Kühe a) 43 bis 49. 5) 37—41, c) 31—36, b) 26—28, Färsen a) 55 bis 57, bf 50—54, c) 45—48, Fresser 43—47. Kälber a) —, bl 68—75, c) 65—76, b) 56—63, Schafe a) Wei demast 61—63, Stallmast 66—69, 51) 58—63. 52) 52 bis 54, c) 50—56, d) 40—48 Schweine a) 59—61, b) 61— 64, c) 63—65, d) 62—64, e) 60—61, f) —. g) Sauen 57. Marktverlauf: Bei Rindern in guter Ware glatt, sonst ruhig, bei Kälbern langsam ausgesuchte Kälber über Notiz, bei Schafen ruhig, schwere fett« und geringere Holsteiner unter Notiz, bei Schweinen ruhig. Friedrichsselde-Berlin. 26. August. Schweine- Ferkelmarkt. Auftrieb: 237 Schweine, 515 Ferkel. Handel langsam, Preise gedrückt. Es wurden gezahlt im Enaroshandel je Stück in Mark für Läuferfchweine 4—5 Monate alt 45—70, do, 3—4 Monate alt 36—45, Ferkel 8—12 Wochen alt 29—33, do. 6—8 Wochen alt 24—29, do, bis 6 Wochen alt 20—24. Niebüll, 26. August. Auftrieb: 113 Stück Rind vieh. 19 Lämmer, 51 Ferkel. Es wurden gezahlt: Fettvieh: a) Ochsen 54—56 4, 5) Quien 51—58 4, c) junge Kühe 51—53 4. d) ältere Kühe 47—49 4. Kalbkühe 550—600 M, Kalbguien 500—520 Jl. Lämmer 52—53 4., Ferkel, 4—Owöchige, 18—23 Jl. Der Han del in Rindvieh und Lämmern war flott, der Markt wurde geräumt Der Ferkelmarkt dagegen war schlep pend. Hier konnte der Markt nicht geräumt werden. MomeRMlörr Deutscher Wirtschufts- rmö ÄgeMASiiM. 1. Schweinefett und Rindertalg überflüssig. Die Margarinefabriken in Deutschland verwenden für die Herstellung von Margarine statt Fett und Talg in neuerer Zeit vorzugsweise Walsischtran, zollfrei in Deutschland eingeführt, im Preise ca. 50 Prozent bil liger als deutsches Fett. Auf der einen Seite also Stützung der Rinder- und Schweinepreise ans Reichs und Reichsbahnlosten, auf der anderen Seite Einfuhr von zollfreiem Walfischtran zu Gunsten der Margarine industrie, bezw. des in dieser Industrie investierten ausländischen Kapitals. Das Ganze nennt sich Deutsche Wirtschaft,s- und Agrarpolitik. Kommentar über flüssig. 2. Rinder- und Pferdehäute überflüssig. Die österreichische Fachpresse des Häute- und Le dermarktes teilt mit, daß in Schweden Gerbversuche mit Walfischdärmen angestellt worden sind, 5t« den Beweis erbracht haben sollen, daß Walsischdärme ein durchaus brauchbares Material für die Handschuh- und Schuhfabrikation ergeben haben. Weitere Versuche haben ergeben, daß die Haltbarkeit,bcx aus Walfisch- därmen hergestellten Erzeugnisse sehr zufriedenstellend sind. Die Weichheit des Darmleders soll sogar die des besten Ziegenleders übertreffen. Die Anregung zu diesem Verfahren mit Walfischdärmen hat man aus dem Gerben von Haifischdärmen erhalten. Auch für Schuhoberleder sollen die Walsischdärme, wie festge stellt worden ist, ein durchaus brauchbares Material liefern. Also Walfischtran für Margarine und Wal fischdärme für Schuhe. Kommentar überflüssig. 3. Landwirtschaft überflüssig. Die Reichsregierung fordert im Zeichen der Preis senkung vom Reichswirtschaftsrat ein Gutachten über den Abbau der Kartell- und der Markenwarenpreise. Bei den Verhandlungen im Reichswirtschaftsrat war alles da. Alle beteiligten Ministerien hatten Ver tretungen geschickt. Alle Gruppen der Industrie, des Handels, der Konsumenten hatten ihre klügsten Köpfe vorgeschickt. Rur die Landwirtschaft glänzte durch Ab wesenheit. Dabei erstrebt die Landwirtschaft die Kar tellierung (Milchgesetz), die Standardisierung (Stan dardisierungsgesetz), und die Markenproduktion in nerhalb der landwirtschaftlichen Erzeugung mit allen Mitteln an. Ergebnis: Die Mehrheit des Gutachter- Ausschusses sprach sich für ein sofortiges Eingreifen hei den Markenwaren der Lebens- und Cenußmittel aus. Die Luxuserzeugnisse blieben ein Kapitel Rühr michnichtan. Kommentar überflüssig. Das Schicksal des Grafen Rhoden. Roman von Otfrid von Hanstein. Lopyright by Literatur. Verlag Gloria, Berlin - Steglitz. 28) (Nachdruck verboten). Erwin stand regungslos. Er war totenbleich geworden und seine Lippen bebten. „Warum habt ihr mir nicht gesagt . . . Wall burg, du . . . du . . Die Baronin war wieder in ihren Stuhl ge sunken. „Verzeih', daß du mich hier Lindest! Ich wollte schon gestern fort. Du solltest mich gar. nicht sehen. Ich bleibe ja auch nicht . . .“ Sie wußte nicht, was sie sprach und suchte nur nach Worten. , Wallburg schaute mit aufgerissenen, entsetzten Augen auf ihren Mann. Dann aber kamen ihr die Tränen. Laut aufschluchzend .stürzte sie aus dem Zimmer und der Baron folgte ihr schnell. Was sollte die Dienerschaft denken! Er, mußte dafür sorgen, daß nichts Törichtes geschah, vielleicht war es am besten, wenn die beiden da drinnen sich erst einmal aussprachen. Im stillen ärgerte er sich. Wa rum hatte er auch nicht gleich die Wahrheit gesagt! Auch die Baronin weinte leise. Da aber war Erwin bei ihr und kniete neben ihr, die Arme um sie schlingend. „Tante, wie sehe ich dich wieder!" Sie hatte die Hand auf seinen Kopf gelegt und er barg sein Gesicht in ihrem Schoß. „Mein lieber, lieber Erwinl" Sie schwiegen lange, denn er vermochte nicht zu reden, und sie wußte nicht, wie sie ausdrücken sollte, was ihr auf dem Herzen brannte. Sie war eine ganz andere geworden in diesen letzten Wochen. Nichts nlehr war in ihrem Herzen von all dem selbstherrlichen Stolz, nachdem sie die Wahrheit er fahren hatte. Sie wußte von dem unerhörten Opfer, das Margarete ihr gebracht, wußte, warum sie in Wahrheit Windollen verlassen hatten. Nur Gram um das Glück ihrer Kinder beherrschte sie, und die Sorge darum. Erwin richtete sich auf. „Wo ist Margarete?" „In Berlin. Sie hat mit mir hier gewohnt." „Margarete? Mit dir?" „Ja, wußtest du das nicht?" „Nichts, gor nichts weiß ich! Man hat mir olles verheimlicht!" Bitter klang es, û> daß die alte Frau erschrak. «Hör zu, Erwin, ich will dir erzählen!" Es war ein langer Bericht, -den sie mit stocken der Stimme gab. Er hatte regungslos zugehört, nun hob er den Kopf. „Welch' furchtbares Schicksal! Und wie gut hätte sie es bei mir gehabt! Du, Tante, weißt, wie ehrlich ich es meinte!" Ein tiefer Seufzer hob die Brust der Baronin. „Sie hat es um meinetwillen getan. Mein zweiter Mann war nicht so reich wie ich dachte. Iu- stizrat Mergener machte mir später Andeutungen darüber,... Margarete hat nie darüber gesprochen." „So glaubst du, Tante, sie hat mich dennoch.. " Erschreckt führ die Baronin auf. Sie faltete flehend die Hände. „Ich bitte dich, Erwin, um Gotteswillen! Du bist Wallburgs Gatte, und ich weiß, daß Margarete von ganzem Herzen der Schwester Glück..." „Und Wallburg hat mich betrogen! Belogen vom ersten Augenblick an! Ach, hätte ich alles ge wußt!" Mit zitternder Stimme, bebend vor Weh und Tränen, sagte die alte Frau: „Wallburg ist ein Kind. Was sie tut, wenn sie fehlt, geschieht aus Liebe zu dir. Sonst hat sie keinen Gedanken auf der Welt, sie ist nur Liebe, uur Liebe zu dir!" „Nur Liede!" „Um alles in der Welt, Erwin, was für ein bitterer Ton?" rief die Baronin aus. „Nein, schuld an allem bin nur ich! Und ich bin dafür vom Him mel gestraft. Mir zuliebe hat Margarete dich um ihre Liebe betrogen, mir zuliebe hat Wallbuvg dich -belogen. Ich habe sie darum gebeten, denn ich wollte, daß wenigstens eins meiner Kinder glücklich werde. Sie wollte dir alles sagen! Ich kann dir das beweisen, ich habe ihren Brief. Und Soltheims trifft erst recht keine Schuld. Sie wußten nichts von unseren früheren Plänen, und auch Wall burg ..." „Sie hat geschwiegen, weil sie mich liebte, und weil sie..." „Sprich nicht weiter! Wallburg hatte keine Ahnung, daß du und Margarete sich dereinst nahe standen. Sie erfuhr es erst von mir nach eurer Ver lobung, die uns allen unerwartet kam." „O Tante, was soll jetzt werden!" „Komm zur Ruhe, mein lieber Junge, und denke, daß deine Pflicht und dein Herz jetzt deinem Weibe gehören, die dir ihr ganzes Leben geschenkt hat. Und auch du hast sie ja lieb. Laß dich nicht verwirren! Margarete hat entsagt und ist zufrie den in ihrem Beruf! Störe ihre Ruhe nicht und bleibe da. wo du nun hingehörst. Erwin, ich flehe dich an bei all dem Leid, das wir erduldet, ich be schwöre dich bei meinen blinden Augen, brich meiner Wallburg nicht das Herz!" „Ich will hinaus in den Park unid erst mit mir fertig werden. Jetzt kann ich mit niemandem spre chen." Er ging und ließ die weinende Frau allein. Er wanderte durch den herrlichen Park, der nun sein war. Verwundert sahen die Dienstboten ihn an sich vorbeigehen und ihren Gruß gar nicht hören. Er schritt über die blühenden Matten und sah sie nicht, er ging zum ersten Male als Herr durch sein reiches, lachendes Erbe und fühlte sich ärmer denn je in seinem Leben. Nun stand er in dem Turmzimmer und sah auf den Schreibtisch nieder, auf dem noch Papiere la gen. Niemand brauchte es ihm zu sagen, er wußte, er fühlte, hier hatte Margarete gewohnt. Aus dem Fenster hatte sie hinausgeschaut über Wald und See und vielleicht an ihn gedacht... Hier an dem Schreibtisch hatte sie gesessen und geschrieben. Schriftstellerin war sie geworden, hatte die Tante gesagt. Was hätte das für ein Leben werden können! Gleiche Gedanken, gleiche Ideale, und nun? Er war in den Seffel vor dem Schreibtisch ge sunken und hatte den Kopf in die Hände gelegt. Da ging ganz leise hinter' ihm die Tür. Er hörte es kaum, aber er fühlte es und zuckte zusammen. Wer konnte es fein? Hier in diesem Zimmer? Sein Herz begann schneller zu schlagen. War alles Lüge, wer weiß, ob Margarete wirklich fort war! Jemand trat hinter ihn, leise legte sich eine Hand kühl und zitternd auf seine Stirn. Er war wie von Sinnen. Mit einem Schrei sprang er auf. „Margarete!" Da sah er in das entstellte, tränenüberflutete Gesicht Wallburgs, die ihm heimlich gefolgt war. Sie stand da und preßte die Hände auf ihr Herz und tonlos kam es von ihren Lippen: „Nein, ich bin es nur, Wallburg, .die du nicht mehr liebst!" Er sah sie an und seine Seele schnürte sich zu- samnien. Was war aus ihr geworden in dieser Stunde! Er hatte sie bisher nur lachen sehen oder einmal flüchtig schmollen, und nun stand tiefstes Leid auf ihrem Gesicht. „Wallburg, meine liebe..." Er wollte sie in seine Arme nehmen und erschrak über seine Stimme. „Nein, Erwin, ich bin nicht deine Liebe, ich habe es gewußt, seit ich erfuhr, daß du einst meine Schwe- ster geliebt! O, daß ich es so spät erfuhr, als ^-ch mich schon ganz in dich verloren hatte! Darum hatte ich auch niemals den Mut, es dir zu gestehen, weil ich fürchtete, daß du dich von mir wenden wür dest. Ich zürne dir nicht. Ich bin nur gekommen, um dir das zu sagen. Geh zu ihr und werde glück lich! Ich halte dich nicht! Ach, könnte ich sterben, dann wäre uns allen geholfen!" Sie sank auf eine der Truhen, die vor dem Bücherschrank standen und weinte bitterlich. Ihm blutete das Herz. Sie, sie sprach vom Sterben! Sie, die die blühende Lebenslust war! Sie, die ihm vor wenigen Stunden so glücklich entgegengeflogen, und die er selbst so froh an sein Herz gedrückt! Seine kleine Lerche, seine zärtliche, gute Wallburg! Herrgott des Himmels, er liebte sie ja auch! Er liebte sie beide, und doch war die Liebe so ver schieden. Er sank neben ihr nieder und umfing sie mit seinen Armen. Wallburg, wie kannst du so reden! Ich hab' dich ja lieb, o glaub' es mir doch!" „Nein, Erwin, nein!" „Quäll uns nicht beide, es war nur ein Augen blick des Zweifels. Sieh mir ins Auge und habe Vertrauen zu mir!" Ganz leise hob sie den Kopf. Wie traurig wa ren ihre Augen, und wie hatten sie diesen Morgen gelacht! Als er sie in seinen Armen hielt, wurde ihm warm; er fühlte, daß er sie nicht lassen konnte. Nun war ihm sein Weg vorgezeichnet. Wall- burg war sein Weib und sie gehörten zusammen! Er mußte alles andere vergessen — er mußte — ob ex es konnte... Er war «in Mann und er wollte! Zur selben Stunde saß Margarete im Zimmer des Kommerzienrats Bentheim und unterschrieb den Vertrag, wonach sie die Nachfolgerin des nach Lu zern entlassenen Redakteurs wurde. Froh ging sie hinaus; sie wußte, sie konnte die Stellung ausfüllen, und wenn sie daneben noch» übersetzte, bot sie ihr eine auskömmliche Existenz. Nun wollte sie an die Mutter schreiben un^ Soltheim bitten, sie zu ihr zu geleiten. Sie hatte ja keine Ahnung von dem, was sich inzwischen in. Gunzhausen ereignete. (Fortsetzung folgt.) Dee SehCe&miņ^laCstdnische cKeimatkolmdec ļuc das Jahc 1931 ist geschienen I