Nr. 4 Beilage der Schleswia-Holstelnischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt) Mittwoch, den 6. Januar 1^32 Im Kriļo durch Noröamsäa. Vorbemerkung der Schriftleitung: Eine Rendsburgerin. die nach Chikago verheiratet ist, gibt uns von einer Reife durch die Staa ten eine interessante Schilderung, die wir hiermit unseren Lesern ebenfalls mitteilen möchten. Rach kurzen Einleitungsworten schreibt sie: .Und nun will ich ein wenig von unserer schönen Reise erzählen. Es kommt mir vor wie ein Traum, wenn ich mich in Gedanken in dieses herrliche Er lebnis noch einmal vertiefe. Leider kann ich nur das Wesentlichste dieses unvergleichlichen Erleb- nisies zu schildern versuchen. Frühmorgens schon sagten wir Los Angeles, der Sonnenstadt, Lebe wohl. Wir hatten ausgezeichnetes Wetter, uni er Weg führte uns über einen hohen Gebirgspaß nach Norden. Der Sequoia National Park war unser Ziel, und wir erreichten ihn am frühen Nachmittag 'desselben Tages. Es blieb uns so noch grit, am Abend noch einen kleinen Teil des Parks anzu schauen. Das Schönste aber kam erst am nächsten Aag. Frühmoraens brachen wir wieder auf und erreichten nach einer Fahrt von etwa 15 Meilen den Bald der Riesen, nachdem wir schon viele Meilen durch die niedrigen Ausläufer des Waldes gefah ren waren. Hoch droben sind wir jetzt, etwa 8000 Fuß hoch mitten im erdenklich schönsten Wald. Von einer Lichtung aus sahen wir Berge, schneebedeckt. Bald hatten wir den mächtigsten der Riesenbäume erreicht, der einen Umfang von 36 Metern hat. Es tst der'General Eherman. Hunderttausende dieser Art gibt es hier, nicht ganz so groß, doch ebenso schön. Lange konnten wir uns in diesem Wald der diesen nicht aushalten, denn am gleichen Tage Zollten wir noch den anderen großen Park, den ^osemite National Park, erreichen. Meile für Meile ging der Weg durch Orangen-, Zitronen-, Fcigen- Und Olivenhaine. Die Sonne meinte es grrt u. wir ìmaren froh, als wir abends unser Ziel erreicht hal lten. Wir befanden uns am Eingangstor des riesigen Parkes, der einen Flächeninhalt von 1000 Qua- ldratmetlen hat. Wieder ging es am nächsten Tag mit Sem Auto bergauf. In 5000 Fuß Höhe kamen mir wiederum in einen riesigen Fichtenhain, denn Las Eigenartige ist. daß die Fichten erst in dieser Höhe recht gedeihen. Der Cosemite Park ist reich an Naturschönheiten. Herrliche Seen, Wasserfälle und wunderbare Felsengebirge wechseln miteinander ab. Wochen würde man gebrauchen, um alles richtig ge nießen zu können. Mittags ging cs weiter nach San Franzisco. Um in die Stadt zu gelangen, mußten wir eine sieben Meilen lange Brücke, die über die San Franzisco- Vay führt, überqueren. Wir freuten uns, San Franzisco kennen zu lernen, denn wir hatten viel von dieser Wunderstadt gehört. Leider wurden wir etwas enttäuscht in unseren Erwartungen, wenn es auch einige bemerkenswerte Schönheiten dort gibt, wie zum Beispiel das Goldene Tor und das Residenzviertel. Sehr interessant ist auch das chine sische Viertel, das ja bekanntlich die größte chinesi sche Stadt außerhalb Chinas ist. Den Aufenthalt in San Franszisco kürzten wir etwas ab und fuhren am Ufer des russischen Flusses entlang, bis wir in die Redwoods kam-m. Dies sind den Fichten ähn liche Bäume, die rötliches Holz haben und eine ganz eigenartige dicke Rinde. Dabei erreichen sie Höhen, wie wir sie in Europa kaum kennen. An der Küste 'des Pazifischen Ozeans entlang ging es den näch sten Tag, bis wir Crescent-City erreichten, wo wir einen letzten Mick auf das unendliche Meer werfen konnten." Die Verfasserin des Re'febriefes schildert sodann 'die Fahrt durch den Staat Oregon, der nach ihren Eindrücken einer der an Naturschönheiten reichsten Staaten Nordamerikas ist. Wir bringen aus dem umfangreichen Brief sodann noch die Schilderung von dem Besuch des Pellowstone-Parks. Sie schreibt weiter: „Der Pellowstone-Park mit seinen einzig daste henden Geysers ist etwas, was man in seinem Le ben nicht vergessen wird. Fassungslos steht man vor diesem Wunder der Natur. Hunderte von kleinen Geysers sal)en wir, die fortwährend spielen. Don den großen dagegen sind einige alle 8 bis 14 Tage, einige einmal im Monat und einer sogar nur jedes zweite Jahr einmal in Tätigkeit. Einen der größ ten, der pünktlich alle 65 Minuten spielt, sahen wir tu seiner ganzen Schönheit. Vier Minuten währt dieses Schauspiel, langsam beginnend. Dann plötz lich schießt der Geyser seinen Vorrat an Dampf und heißem Wasser etwa 150 Fuß in die Lust. Der Giant- Geyser dagegen wirft Wasser und Damps 250 Fuß hoch. Eine Seltenheit sind ferner die Mud-Geysers, in denen Sandstein jahraus, jahrein in den schön sten Farben kocht und brodelt. Auch der Pcllowstone- See ist wundervoll. Er liegt eine Meile über dem Meeresspiegel und bietet, eingerahmt von schlan ken Fichten mit dem felsigen Hintergrund ein Bild seltener Schönheit. Tiere gibt es hier natürlich in großen Massen, vor allem Rehe und Hirsche. Wir hatten sogar das Glück, einen schwarzen Bären zu sehen, der ganz nahe an unser Auto herankam und sich mit Brot füttern ließ. Die zwei Stinktiere, die wir sahen, machten ihrem Namen alle Ehre. Auch Schlangen haben wir gesehen und unzählige Siep- penhunde. Wir erhielten einen großartigen Eindruck von diesem berühmtesten Park Nordamerikas. A. Ottilinger, Chikago. BmîLe idt Himmelbläue und Sonnenkraft. Im Verlauf von Versuchen, die der amerikanische Physiker Dr. W. M. Cohn unlängst ausgeführt hat, ergab sich, daß, wenn Elektronen und Ionen auf einander treffen, ein blaues Licht ganz ähnlich der' Bläue des Himmels, entsteht. Der Forscher ist nun der Meinung, daß auch das Blau des Himmels da durch zustande kommt, daß die Elektronen, die von der Sonne ausgehen, sobald sie in die Erdat mosphäre gelangen, mit den Ionen, den elektrisch geladenen Teilchen, zusammentreffen, die in ge wissen, in der Luft enthaltenen Gasen vorkommen. Das „gefrorene Auge" im neuen Riesenfernrohr der Mannt Wilson-Sternwarte. Zur Herstellung des Reflektors des neuen Rie senfernrohrs für die Mount Wilson-Sternwarte in den Vereinigten Staaten braucht man eine Scheibe aus geschmolzenem Quarz, die so groß ist, daß zwei Automobile nebeneinanderstehend auf ihr Platz finden würden. Dieses Riesenwerk wird ge lingen. Vor einem Jahr begannen die Vorarbeiten zur Herstellung des „gefrorenen Auges", wie die Amerikaner den gewaltigen Reflektor nennen. Ihr erstes Ergebnis war ein Stück geschmolzenen Quarzes von einem halben Meter Durchmesser. Um es zu vergrößern, versuchte man, ununterbrochen feingepulvertes Quarz unter Erhitzung auf 1600 Grad auf das Quarzstück herabsprühen zu taffen, das einer Temperatur von ungefähr 700 Grad aus gesetzt war. Mit dieser plötzlichen „Abkühlung" des Ouarzstaubes, die man wirklich als eine Art von Gefriererscheinung betrachten kann, erklärt sich auch die Bezeichnung des „gefrorenen Auges". Als diese Behandlung einige Monate fortgesetzt wurde, hatte die Quarzscheibe schon einen Durchmesser von 165 Zentimeter erreicht. Schicht auf Schicht des schmel zenden und zugleich abgekühlten Quarzpulvers hatte sich auf sie gelagert und sie vergrößert und war dann im Laufe von Wochen auch hart geworden. Schließlich entstand auf die gleiche Weise eine Quarzscheibe von 4000 Pfund Gewicht, und jetzt ist man bereits an der Arbeit, die eigentliche Riesen scheibe herzustellen, die binnen Jahr und Tag in das neue Fernrohr, durch dos man zehnmal mehr Sterne erblicken wird, als cs bisher möglich war. eingefügt werden soll. Würde diese Riesenscheibe statt aus Quarz aus Schmelzglas bestehen, so würde allein ihre Abkühlung mehr als sechs Jahre er fordern. % Warum Portugal Deutsch als Pflichtfach einführt. Der portugiesische Ilnterrichtsminister Dr. Eor- deiro Ramo. Germanist an der Universität Lissa bon, hat eine Verordnung erlassen, durch welche die deutsche Sprache als obligatorisches Unterrichtsfach in den Mittelschulen eingeführt wird. Seinem Erlaß gibt er nach den „Mitteilungen" der Deutschen Akademie folgende Begründung mit auf den Weg: „Es handelt sich um die Sprache eines arbeitsfamen, displinierten, gebildeten und fortschrittlichen Vol kes, das mit Recht wegen seiner wirtschaftlichen, literarischen und wissenschaftlichen Leistungen ge achtet und bewundert wird, und das, obwohl es der Welt schon viel gegeben hat, seine Möglichkeiten noch nicht erschöpft hat, — um eine Sprache, deren Bedeutung für die formale Geisteserziehung in keiner Weise der griechischen und lateinischen Sprache nachsteht." Forschung muß patentiert werden. Die Kommission, die von der Pariser Akademie der Medizin eingesetzt wurde, um die Frage eines Patentschutzes für wissenschaftliche Entdeckungen zu studieren, hat ihre Arbeiten jetzt abgeschlossen. Der Kommissionsbericht, von Frau Curie, die Entdek- kerin des Radiums, ausgearbeitet, mahnt die Aka-\ demie dringend, ohne Zögern alles zu tun, um die Regierung über die Notwendigkeit eines Rechts schutzes für wissenschaftliche Arbeit aufzuklären. Das entspricht nicht nur der Gerechtigkeit, ein solcher Schutz würde auch den Forschern wie den Kranken hauslaboratorien, auf die ja der Hauptanteil der wissenschaftlichen Arbeit entfällt, unbegrenzte Vor teile bieten. xttm àchm unè Lächà. „Komm, alter Junge, was trinkst du lieber, Bier oder Sekt?" „Das kommt ganz darauf an . . „Woraus?" „Wer von uns beiden nachher bezahlt." * „Hat Ihnen Ihr Freund schon mal von seiner großen Autotour geschrieben?" „Ja, zwei Postkarten — eine von der Polizei, die andere aus dem Krankenhaus." Der grfteerrge fiêmņ mb btt SlsrnşiŞr. Don Grete Thons. Cs war Dreikönigstag — Epiphania. Der Abend dämmerte über Berlin herauf, das langsam in tiefes Schweigen versank. Der Nachtwächter schritt mit knirschenden Stieseln durch die weißen, stillen Straßen und brannte die wenigen Laternen an. Mancher Einwohner gedachte wehmütig der Zeit, da zu dieser Stunde die drei Weisen aus dem Mor genlande in ihrem bunten Schmuck an allen Ecken und Enden auftauchten, ihre Sprüche fangen und Gaben empfingen. Am meisten trauerten die Kin der, die am 6. Januar immer jubelnd hinter den fremdartigen Majestäten hergezogen waren. Was half's? Der König hatte bei Androhung van Arrest die „Alfanzereien", wie er es nannte, streng ver boten. Und mit Friedrich Wilhelm I. war nicht zu spaßen, das wußte man zur Genüge. Ņbor da waren drei arme Spreejungen, ein alter Schuster, ein kleiner Hausier und der lange Schifser- à in einer baufälligen Barocke bei der ^Ncher. rucke hausten und wohl nicht viel mehr als trocken Brot und Hering zu essen hatten. Der 6. Januar war jedesmal ihr großer Tag gewesen, der in ihr Hungerleben goldnen Schein warf. Der Er laß des Königs ergrimmie st« daher schwer. Be sonders der Schuster konnte sich nickst beruhigen. Er fuchtelte aufgeregt mit den Händen lstn und her und redete sich so ins Feuer, daß er trotz allem das e- fährliche Wagnis unternehmen wollte. Der Schiffer ließ sich schnell überreden, und schließlich gab "auch der Hausierer nah einigem bedächtigen Kopfschüt- leln nach. Was konnte denn auch geschehen? Die Nacht war finster — die Gegend einsam — als Nachbarn alles einfache Leute, d:e mit dem Hof nichts zu tun hatten. Sie zogen aus dem alten Kistenkram ihre Ge länder vom vorigen Jahr hervor, schmückten sich mit den Goldpapierkronen und nahmen Zepter, Reichs apfel und den Sternenstab zur Hand. Der Schflflr- Karl wurde für die Rolle des jungen Königs Kaspar ausersehen, der den großen Stern trug. Der Schuster, der sich inzwischen noch etwas mehr Mut antrank, beschmierte sich als Mohrenfürst Balthasar mit Ruß, und der Hausierer spielte den alten König Melchior, der den Sack auf den Rücken nehmen mußte. Dann zogen sie, ganz von ihrer Würde und Mission durchdrungen, in feierlichem Aufzug hin aus. Der Schnee wirbelte in lustigen Flocken durch einander. Um so besser! Kein Mensch ließ sich blicken. tills sie nun im Nachbarhaus erschienen, crschra- ken zunächst die Alten — die Kinder wichen, wie immer bei dem ersten Anblick, scheu und ehrfurchts voll zurück. Aber es dauerte nicht lange, da brach der Jubel los, daß es beängstigend laut durch Türen und Fenster schallte. Die Freude war um so größer, da man die Sternensinger so gar nicht erwartet hatte. Einige machten zwar sorgenvolle Gesichter, aber die meisten bewunderten die Heldentat der drei und feierten sie mit Kuchen,, Aepfeln und Brot und Nüssen und manchen kleinen Münzen. Hei, wie lustig das in den tiefen Sack hineinplumpste! Die Majestäten strahlten. Der schwarze Balthasar, der sein Schusterdasein ganz vergessen hotte und sich durchaus als morgsnländischer Fürst fühlte, drückte gerührt die kreischenden Kinder an sich, und lächelte die Großen mit stolz erhobenem Kopf huldvoll an. Siegessicher stapften sie weiter, von den Kleinen mit schlecht unterdrücktem Jauchzen gefolgt. Aber die Nacht hatte dennoch ihre scharfen Augen. Spitzel, die sich gut belohnt machten, rannten zur Stadtwache. Die glücklichen Weisen waren bereits im fünften Haus gelandet und sangen gerade über mütig ihren Abschiedsvers: Die heiligen drei Könige mit ihrem Stern Sie essen und trinken und zahlen nicht gern. Da — auf einmal — ein mächtiges Fluchen und Stampfen — wuchtige Schritte kommen die mor sche Stiege heraus — ein krachendes Bumbern ge gen die Tür, und unheilverheißend stehen gespornt und gestiefelt die Hüter des Gesetzes schon im Zim mer. Sie mochten nicht viel Federlesens. Selbst König Balthasars entrüsteter Protest gegen eine derartige Behandlung von drei so hohen — sogar heiligen Personen wird nicht respektiert. Im Hand umdrehen sind sie draußen. Die Zurückbleibenden haben stumm und schreckensbleich alles über sich er gehen lassen. Es war ein trauriger Zug, wie die stolzen Könige aus dem Morgenlande fetzt bei dem Schein der flackernden Fackel durch Nacht und Schnee in die Gefangenschaft wandern mußten. Der empörte Schuster versuchte zwar noch einmal sich aufzuleh nen. Er wurde aber gar bald auf nicht sehr sanfte Art zur Raison gebracht. Nun saßen sie in der öden x>elle — die drei geputzten Majestäten in all ihrer elenden Herrlichkeit — ein klägliches Bild irdischer Vergänglichkeit. Selbst den Sack hatte man ihnen genommen. Dem Schuster Balthasar taute ra'ch wieder der Mund auf. Er rief alle Heiligen und Teufel auf den hinterlistigen König Herodes herab. Die beiden anderen schwiegen und senkten die Köpfe. Dem König mußte von etwaigen Uebertretungen seines Verbots sofort Meldung gemacht werden. Als man ihm den Fang berichtete, befahl er — ob aus einer gnädigen oder ungnädigen Laune her aus —, die Missetäter vorzuführen. Dem armen Melchior schlotterten die Knie, als er hörte, was ihnen bevorstand. Der Schuster warf sich jedoch in die Brust. „Aha — Herodes fürchtet uns!" Seine Aeuglein flitzten bewundernd umeinander, als es unter Schimpf und Spott die breite Schloßtreppe hinaufging. Der lange Schiffer sah nicht rechts, nicht links. Trotzig schaute er geradeaus. Die hohen Herrschaften hatten sich gerade von der Tasel erhoben, als die drei Sünder gemeldet wur den. Friedrich Wilhelm runzelte die Stirn und wuchtete mit schweren Schritten durch den Raum. Seine Familie und die übrigen Anwesenden zit terten vor dem nahenden Zornesausbruch. Die kleinen Prinzen und Prinzessinnen drängten sich ängstlich an die Königin und an Madame von Roucoule, die französische Erzieherin. Da wurde die Tür geöffnet. Alles wandte sich um und wartete. Langsam kamen sie hereindesiliert — die hohen Könige aus dem Morgenland: zuerst t:r Mohren- fürst Balthasar, dann der kleine Melchior, schließ lich, beide überragend, König Kaspar. Die Kinder sahen ihnen mit entzückten, großen Augen und klopfenden. Herzen entgegen „Sternensinger —" flüsterten sie. „Sternen* singer —" Aber der König hatte keinen Sinn für Weih nachtspoesie. Ehe die Gefangenen noch ganz herein, waren, brüllte er sie schon an, blaurot vor Zorn mit erhobenem Stocke: „Aufsässiges Lumpenpack, Mummenschanzer, ruchloses Gesindel, ich werde euch den gottes- schänderifchen Firlefanz schon austreiben. Wer seid ihr?" - Damit pflanzte er sich drohend vor ihnen aus. Melchior brach fast zusammen und brachte kein Wort heraus. Schiffer-Karl war mutiger. „Arme Leiste von der Fischerbrücke, die nischt zu verlieren haben." Aber noch tollkühner war der betrunkene Schuster: „Die drei hochweiscn edlen Könige aus dem Morgenlande, die sich freuen, König Hcrodes zu sehen und zu grüßen." Dabei machte er mit weit ausgebreiteten Armen einen tiefen Bückling. Alles erstarrte. Niemand wagte sich zu rühren. Selbst die Lakaien standen mit niedergeschlagenen Augen wie angewurzelt. Es war ein Gefühl, als wenn die Welt untergehen sollte. Aber der König? Hatte er die frechen Worte nicht gehört? Was war mit ihm? Er lächelte — ja — schmunzelte und be trachtete den baumlangen Menschen. Den Lästerer schien er gar nicht zu sehen. Man getraute sich im mer noch nicht zu rühren. Die Katastrophe mußte kommen. Friedrich Wilhelm trat zu. dem Schiffer. „Er hat nichts zu verlieren, Kerl? Gut!" Er sprach eingehend und freundlich mit ihm. Der ungeschlachte Riese hatte Eindruck auf ihn gemacht. Alles atmete erlöst auf und redete leise mitein ander. Kronprinz Friedrich und seine Lieblings schwester Wilhelmine hatten es besonders wichtig. Auf ihre flehenden Bitten erlaubte die Mutter, daß Madame van Roucoule heimlich ein Säcklein für die wunderbaren armen Sternensinger zurecht machte. Die beiden Kinder rafften schnell selbst noch vom Tisch, was zu erreichen war. Dabei warfen sie scheue Blicke zu dem Vater hinüber. Sie kannten zu gut seinen stets beweglichen Prügelstock, der aber zur Zeit müßig am königlichen Rücken herunter- baumelle. Das Rätsel war bald gelöst. Seine Majestät be fahl, den großen Halunken am nächsten Tage in eine Grenadieruniform zu stecken und nach Potsdam zu der neugebildeten Riesengarde zu befördern, an der Friedrich Wilhelm einen Narren gefressen lmtte. Den zwei anderen diktierte er je zehn Stockhiebe auf, dann sollten sie laufen gelassen werden. Damit waren die Weisen aus dem Morgenland abgetan. Die Wache führte sie wieder hinaus. Ais sie den Gang überquerten, trat ihnen plötzlich ein Lakai entgegen und überreichte ihnen hastig einen dicken Beutel. Die drei Könige blieben verdutzt stehen, aber der Mann war wie ein Geist io flink wieder verschwunden, und die Woche stieß io un barmherzig vorwärts, daß keine Gelegenheit zum Besinnen und Danken blieb. Zu guter Letzt brauchten die armen Etcrnen- singer ihren Wagemut nicht zu bereuen. Der Schiffer ward als besonders „langer Kerl" gut behandelt und belohnt und hatte es jedenfalls besser als in seinem früheren Dasein. Und seine beiden Freunde sahen sich für den ausgestandenen Schrecken durch die Geschenke der Königskinder reichlich entschädigt. Der Schuster spann außerdem sein Erlebnis zu einem wunderbaren Märchen aus, das er jedem mit Stolz auftischte.. Aber das „Sternensingen" haben sie in Zukunft doch lieber unterlassen. Gurgle trocken ... mit Tetzt 90 u. 45 Pfg. schützt Dich aüe Jahr vor Erkältung und Katarrh! J« Unterhaltung -