Klassikern u. a. wann Lekreuzigte sie sich. Protopopow raste wie ein Tier im Käfig acn einer Ecke seiner Zelle in die andere und schenkte den Beobachtern an der Tür nicht die geringste Aufmerksamkeit. Die frü heren Bedienten des Zaren sind ebenfalls in siche rem Gewahrsam. Zuverlässige Wächter bewachen sie und keiner.von ihnen wird entkommen können. Vermischtes. Andersens Liebe zu Jenny Lind. Zn wenigen Wochen erscheint in Dänemark ein Buch aus der Feder der einundachtzigjährigen Frau Axeline Lund, die sich auf ihre alten Tage noch darauf ver legt hat, die Memoiren ihres langen und reichen Lebens zu schreiben. Ein skandinavisches Blatt teilt bereits jetzt einige Auszüge aus dem Buch mit, von denen insbesondere die Angaben der Verfasse rin über Andersens Beziehungen zu der „schwedi schen Nachtigall" wiedergegeben zu werden ver dienen. Die Liebe des Märchendichters, der sich nie verheiratete, obwohl er, zumal in kranken Ta gen, weibliche Gesellschaft bitter vermiete, gehörte der vergötterten Diwa Jenny Lind. Diese er widerte Andersens Leidenschaft indessen nur durch ruhige Freundschaft. „Noch im hohen Alter", so schreibt Frau Lund, „strahlten Andersens Augen und seine Finger griffen wie im Fieber nach dem Schreiben, wenn ein Brief Jenny-Lind-Gokd- schmidts aus London kam. Ich selbst habe ihm einmal einen vorgelesen, in dem sie ihm erzählte, dag sie einen Sonnenstich gehabt habe und sehr krank gewesen, aber nun aus dem Wege zur Besse rung sei. Im Anschluß hieran erzählte Andersen mir von seiner Liebe zur Lind, und wie diese ihn abwechselnd glücklich und unglücklich gemacht habe. Einmal hielten die beiden sich gleichzeitig im De zember in Berlin auf, und H. E. Andersen freute sich wie ein großes Kind, das er ja auch war, dar auf. den Heiligabend mit Jenny Lind zusammen zu feiern. Da bekam sie eine Einladung zu dem schwedischen Gesandten, die sie nicht ablehnen konnte. Sie bat Andersen daher, stattdessen am nächsten Tage zu ihr zu kommen: „Dann zünden wir unsern Weihnachtsbaum am ersten Feiertag an, und es gibt Weihnachtsgeschenke und viele gute Sachen zu essen, und ich singe Ihnen vor, was Sie wollen." Dieser Bescheid brachte Andersen jedoch ganz außer sich, und er bat, wenigstens einen Augenblick kommen und sie sehen zu dürfen, ehe sie sich zu dem Gesandte begäbe. „Ich saß in ihrem Salon", erzählte er, „und fühlte mich so traurig und unglücklich. Da stand sie plötzlich in weißer Seide vor mir mit ihrem blendenden Hals und den wundervollen Armen. Ich war wie verzaubert, stürzte auf sie zu und küßte sie auf den Nacken. Im selben Augenblick aber war ich schon ganz ver zweifelt und voller Scham über das, was ich getan hatte. Da sah sie mich mit ihren sanften Augen an und sagte nur: „Danke Ihnen schön für das Weihnachtsgeschenk!" woraus sie durch die Tür ver schwand. Am nächsten Abend war ich glücklich und froh. Wir waren allein. Ich bekam Weihnachts geschenke, und sie sang so wunderbar, wie nur sie singen konnte." Der bestrafte Präsident. Vor einigen Tagen nahm der Vorsitzende einer Pariser Strafkammer beim Erwachen mit Schrecken wahr, daß seine Uhr bereits halb zwölf zeigte. Da er run zwölf Uhr tu der Sitzung sein müßte, war dringende Eile gebo ten. Er kleidete sich denn auch Hals über Kopf an, und stürtzte auf die Straße und hatte auch noch das Glück ein Auto zu finden, daß er mit den an den Chauffeur gerichteten Worten bestieg: „Nach dem Justizpalast, und fahren Sie, was das Zeug hält!" Der Chauffeur kurbelte an, fuhr aber ungeachtet der Mahnung des Fahrgastes in einem Zuckeltrab der einein ermüdeten Droschkengaul Ehre gemacht hätte. „Schneller, um Gotteswillen, schneller!" schrie der wie aus Kohlen sitzende Richter. Doch der Chauffeur ließ sich durch fein Rufen nicht zu einem lebhafteren Fahrtempo anregen. Als man endlich, wenn auch verspätet, angekommen war, konnte der wütende Richter sich nicht enthalten, dem Chauffeur seinen Zorn in den wenig parlamentarischen Wor ten zu entladen. Der Abgekanzelte aber, weit ent fernt sich das zu Herzen zu nehmen, erwiderte schmunzelnd: „Aber regen Sie sich dach nicht aus, Herr Präsident. Erst vor vier Wochen haben Sie selbst mich wegen zu schnellen Fahrens verurteilt, und Sie können doch wahrhaftig nicht von mir verlangen, daß ich mich Ihretwegen heute einer neuen Strafe aussetze. Die elektrische Hand. Zur Benutzung für Kinodiener, die in Lichtspielsälen herumgehen und dem Publikum feine Plätze anweisen müssen, hat ein findiger Amerikaner einen kleinen Apparat er funden, der aus vier mit kleinen elektrischen Bir nen versehenen Fingerringen besteht Drückt der Träger des Apparats mit dem Daumen auf einen Knopf der Batterie, die auf feiner Handfläche an geschnallt ist, so leuchten die vier an den Finger spitzen angebrachten Birnen auf, die viel zweck mäßiger und. lichtstarker sein füllen als die kleinen Taschenlampen, so daß sie auch an anderen Stellen bald zur Verwendung gelangen dürsten. Vom amerikanischen Tauchbootbau. Wenn auch in den Vereinigten Staaten sehr oft vom Bau von großen Tauchbooten die Rede war, so ist doch bis Ende 1916 drüben noch kein einziges Tauchfchiff van mehr als 60S Tannen Wasserverdrängung fer tiggestellt worden, Schisse von. (HM 8«« Tonnen aber heute nur als kleine Tauchboote zu bezeichne». Erst im Januar dieses Jahres ist, wie der „Prometheus" berichtet, das erste größere Tauch boot, das nach heutigen Begriffen einigermaßen als Hochsceboot bezeichnet werden kann, in Ameri ka fertig geworden. Es ist dies'eist für die spanische Regierung bestimmtes Boot „Isaak Peral", das Anfang 191Ö bei der Fore River Shipbuilding Co. .bestellt wurde. Es hat ungefähr 750 Tonnen Waj- serverdrang und läuft aufgetaucht ungefähr 16 untergetaucht 10 Knoten. Der Bau ist für amerika nische Verhältnisse sehr schnell fertiggestellt worden. Das Schiff hat iu Amerika hergestellte Diefclmotore von ungefähr 1600 Pserdekräften. Allerdings schei nen diese, wie bisher alle in Amerika hergestellten größeren Dieselmotoren, nicht allen Erwartungen zu entsprechen, da die kleberfahrt des Schiffes von Amerika nach Spanien, die Ende Februar ange treten wurde, nicht glatt verlief. Vielmehr mutzte das Fahrzeug wegen eingetretener Motorhavarie einen Nothafen aufsuchen. Der Aktionsradius des Bootes wird mit 8000 Seemeilen angegeben, was jedoch zu hoch erscheint' bei der Bestellung des Fahrzeuges berichtete die amerikanische Presse von einem Aktionsvadikus von 3500 Seemeilen. „Isaak Peral" ist übrigens das erste Tauchboot der spani schen Marine, die nun nach dem Muster dieses Bootes weitere Fahrzeuge im Jnnland herstellen kaffen will. Arabische Leckerbissen. Während wir über die Küche der Chinesen gut unterrichtet find, ist die Kochkunst des islamitischen Orients uns noch heute eine terra incognita geblieben. Wir wissen nicht viel mehr von ihr, als dag man dort viel Hammelfleisch verzehrt. Indes sen gibt es auch dort wie Dr. M. Pollaezek in der illustrierten Halbmonatfchrift „Das Wissen" aus führt, ausgezeichnete Köche, deren Kunst auf hoher Stufe steht. Daß die Gerichte, die das Entzücken arabischer Feinschmecker ausmachen, vielleicht unserm Gaumen nicht behagen würden, spricht nicht gegen die Kunst der Köche, denn wahrscheinlich würde es den Arabern unfern kulinarischen Genüs sen gegenüber genau so ergehen. Bemerkenswert ist bei der arabischen Küche schon die hochentwickel te Fähigkeit, aus Zutaten, die sich bei uns keiner Beachtung erfreuen, wohlschmeckende Gerichte her zustellen. So füllen sie beispielweise Schafskaldau- nen mit einem Gemenge von Mehl, gehacktem Fleisch und Mandeln und bringen sie ln der Form des auch bei uns hier und dort beliebten Gekröses aus den Tisch. Auch ein Ragout von gehacktem Flei'ch, Nttr°n, geriebenen Mandeln. Butter und Hammechchwanzfett gehört zu den beliebten Gerich te" des Arabers. Weniger vermöchte sich ein euro- pn'cher Gaumen mit einem andern ihrer Leibze- c. den „Eikbay" genannten geschmort? n Hann zu u runden, die w mit Olivenöl und Essig angerichtet auf oen Tisch kommen,während die Ohren mir einer pikci'ttcn Farce gefällt werden. Vortrefflich versieben sick, d:e Araber daraus, Fische in eigenen••'5 schmackhafter Wecke herzurichten, in dem sie sie m kleine Stücke zerschneiden, diese in Butter dämpfen, Klöscheu aus gehackter Leber hinzugeben und das Ganze mit einer Sauce aus Essig, Senf, Kapern, Sellerie und Kümmel übergießen. Das schließlich die arabische Küche, wie die orientalische überhaupt, in der Be reitung von Süfsiigkeiten Hervorragendes leisten, ist bekannt. Diese Süßigkeiten, bei deren Herstel lung Oel, Honig, Mandeln und Rosenwasser eine große Rolle spielen, finden denn auch fast aus nahmslos den Beifall der „Franken", wie die Europäer unterschiedslos dortzulande bezeichnet werden. Humoristisches. Kommt meine Frau mit roten Backen nach Haufe und fugt: „Im Warenhaus gibt -es 4 Tel ler Frühstück um 95 Pfennig, 2 Flaschen Oel um Und eine 95 Pfg-, 1 Platte Braten um 95 Dose Butter um 95 Pfg." Ich ging hin, und wie sah die Sache aus? 4 Frühstücksteller 95 Pfg., 2 Oe-lflaifchen 95 Pfg., 1 Bratenplatte 95 Pfg, 1 Butterdose 95 Pfg. Kriegshumor. Ein Irrtum im Dunkeln. Auf einer Fahrt in ftockftnfterer Nacht stürzt der Wa gen mit feinen Begleitern in einen Graben, wobei Soldat Lustig feine Perrücke vertiert. Ein Ge heimnis, das er bis jetzt forgfältig .gehütet hatte. Sein K am erad e rwischt nun beim Umher tasten im Finstern den- blanken Schädel und ruft dabei aus: „Mensch, hast du aber ein großes Loch in der Hofe." — Briaadekonrmandeur und Karuffel- ļ-efitzer. Ter Drigstdekommandeur M., der es liebt, sich mit feinen Mannschaften in leutseliger Weife 'zu unterhalten-, trifft beim Besuch der vor deren Stellung einen Doppelposten. Der eine, ein Schlesier, antwortet auf die Frage: „Was sind Sie von Beruf?" Karufsekbefitzer. Nun erkundigte sich der alte Herr eingehender. „Ein schöner Be ruf wohl? Was kostet solch ein- Karussell? Müs sen Sie viel Gewerbesteuer bezahlen? Wieviel verdienen Sie wohl im Jahr?" usw. Als der General sich zum Weitergehen anschickt, meint der Gefragte, zu .seinem Kameraden gewandt: „Jl gloawe, er schoafft sich nach dem Kriege au a Ka- ruffell an?" £ iterotu ?sScUa$e« Rendsburg, öie wiege öss Malers, Dichters urrö Denkers Ludwig Sahrenkrsg 2. Der Dichter. Schon in dem ersten Teil unseres Artikels über das Wirken des in Rendsburg geborenen Maler- Dichters Ludwig Fahrcnkrog haben mir die Vielseitig keit seiner KLnstlerperjönlichkeit, wie sic* sich in der umfangreichen Stoffauswahl feiner Bilderwerke äußert, bewundern gelernt. Aber nicht nur durch Stift Und Pinsel verleiht der Meister seinem Künstlernatu rell Ausdruck, sondern auch durch Schöpfung wertvoller Dramen. Seiner Wesensart entsprechend hat er deutsche Stoffe für seine Bühnenwerkc gewählt. Da sie alle in Buchform erschienen sind, sind sie jetzt allen Kreisen zugänglich. Er entnimmt die Motive seiner Dramen „Baldur", „Wölund" „Nornegast", wie schon die Titel andeuten, der nordgermanischen Sage. Aber wie herrlich hat des Dichters Genius dank seiner rei chen, glänzenden Phantasie und der überraschenden Originalität im Denken und Empfinden diese schlich ten Sagen umgeschaffen und ihnen den Stempel sei ner großangelegten Persönlichkeit aufgedrückt. „Baldur", die Sage von dein durch Lokis Tücke untergehenden Lichtgott Baldur,, ist hier zu einer aus menschlichen Leidenschaften entstehenden Tragödie um geformt. Fahrenkrog führt uns in den Beginn einer neuen Zeit im Leben der germanischen Uroölker hin ein: Die Germanen stürzen den Feueckkult und begin nen die Sonnenanbetung. Das Ringen zweier Welt anschauungen wird hier also künstlerisch verkörpert. So wird die Tragödie gleichsam zu einem modernen Eegenwartsdrama. — Das vorn Himmel durch einen Blitz geschenkte heilige Feuer wird von dem Ober- priester Lodur auf dem Altare gehütet und vom Volke angebetet. Durch die Unachtsamkeit eines Unter priesters erkNcht es zur Sonnenwende, als das Volk gerade neue Brände zur Entzündung ihrer Herdfeuer vom Altare holen will. Das Volk verlangt gemäß seiner rauhen Gesetze der rücksichtslosen Wiederver- geltung den Tod des Unterpriesters. Da bietet sich Baldur als Opfer für ihn an falls es ihm nicht ge lingen sollte, dank seiner eigenen Entdeckung, die Altarflammc neu zu beleben. Er erweckt vor den Augen des staunenden Volkes der Anden einen neuen Brand durch Ancinanderreiben zweier Hölzer. Da da» Volk sieht, daß es selbst Feuer schaffen kann, wird es Feuerkult emanzipiert und folgt Baldur in den vom neuen Kult der Sonnenanbetung. So gibt er den Anden einerseits eine andere Ausdrucksmöglichkeit ihrer religiösen Gefühle, andererseits zeigt er dem Volke durch sein Geschenk, daß eine Tot verzeihender Liebe ein höheres Sittengesetz in sich birgt als das Prinzip der Wiedervergeltung. Das Volk glaubt an die Göttlichkeit Baldurs, allen voran der Oberpriester des neuen Sonnenkults Hogni. Er richtet, urn die -Unsterblichkeit Baldurs zu beweisen, von dem hinter listigen abgesetzten Oberpriester Lödur und dessen in ihrer Eitelkeit beleidigtem Weibe angestachelt, aus dem Waldesdunkel den Mistelspeer gegen Baldur und tötet ihn wie einst die weise Mone geweisfagt hatte. So findet der größte Freund und geistige Führer fei nes Volkes ein tragisches Ende. Das Drama klingt aus in einen ergreifenden Schlußakkord: Wölunds Toten'klage an Baldurs Bahre. Schon der Leser emp fängt einen tiefen Eindruck von dem Drama, wieviel größer muß dann die Wirkung der Uraufführung im Harzer Bergtheater im Juli 1912 gewesen fein, wo die Natur dem Drama einen harmonischen Hinter grund bot. Die aà Gottsucher- und Lichtbringeridee ist hier neu gestaltet, wenn auch manche Züge an die Promctheussage einerseits, an Wagnerfche Kunst andererseits erinnern. . Hier wie in seiner philosophi schen Schrift „Die Geschichte meines Glaubens" äußert der Verfasser mancherlei neuartige Ideen, wie u. a. die Idee der Gottgegenwärtigkeit im Menschen und wird so zum Prediger der Erkenntnis der inneren Berufung zur persönlichen Gottheit. Dieser Gedanke: „Gott in uns"üst in den letzten Jahren hier und dort schon aufgetaucht. Sie birgt die schwere Gefahr der Selbstvergötterung des Menschen in sich und steht dar um im Gegensatz zur christlichen Lehre. Dieses Drama wird also in christlich-religiösen Kreisen lebhaften Widerspruch hervorrufen. Aber losgelöst von dem Ideengehalt, rein als Kunstwerk betrachtet, ist die Form der Gestaltung in sich schön. Schon ein Jahr später folgte ein zweites Drama „Wölund", das leise Anklänge an die alte Eddasage „Wieland" trägt, aber in der Art der Behandlung fast wie ein modernes Ehedrama anmutet, das in das germanische Zeitalter nur wie in einen Rahmen hineingesetzt ist. Das sind moderne Kulturmenschen, die zu uns reden, deren erhabene Sprache uns kaum an das Kulturlose ihrer Umgebung glauben läßt. Aber betrachten wir das Werk gelöst von allem Zeitlichen und richten wir den Blick auf die Jdeenverkörpcrung, die von Fahrenkrog ganz umgestaltet ist, und wieder um zeigt, daß Fahrenkrog eigene Wege geht! Im Mittelpunkt des Dramas steht der Kunst schmied Wölund im Kampf zwischen den sittlichen Forderungen, die sein reines und keusches Weib Her- wor an ihn stellt, und der lockenden Lebenslust, zu der ihn das schöne aber verderbte Weib des Königs, Nottr, ruft. Er strauchelt, indem er sich zu einem Kuß hinreißen läßt und verliert dadurch die Liebe und das Vertrauen seines Weibes.'Letzten Endes aber wider steht er den Versuchungen Notirs, die sich geschmäht sieht und nun Wölund glühend zu hassen beginnt. Er wird auf des Königs Befehl gelähmt und so zum hilflosen Krüppel. Wöland aber sucht und findet Be freiung von der furchtbaren inneren Qual des Schuld bewußtseins in feiner Arbeit. Er schmiedet sich Flü gel, und mit diesen erhebt sich der Gelähmte über das Elend dieser Erde. Sein Weib wird im Schloß ge fangen gehalten, bis Nottr sie dem Wölund zuführt, mit der letzten großen Versuchung: Werde mein, so soll dein Weib leben. Er geht scheinbar darauf ein, aber er erdrückt sie in seinen starken Armen. So fin det Nottr den Tod. Eine dramatisch wohl am höchsten stehende Szene, aber in der furchtbaren Nacktheit der Darstellung der niedrigen Gefühle Nottrs grausig, fast gemein, in der rückhaltlosen Zeichnung der Seelenqualcn seelisch peinvoll, so daß ein Kunstgenuß vollkommen schwindet. Diese Szene wirkt störend in einem Kunst werk, welches durch die Vermittlung sittlicher Ideale erheben und ausrichten will. — Der Aufbau des Dra mas ist folgerichtig durchgeführt, der Konflikt kon sequent entwickelt, die Charaktere straff und klar ge zeichnet. Wölund, der dem sittlichen Gesetz der Ehe schuldig gewordene Mensch, büßt seine Schuld, wird gelautert und seine Kunst führt ihn über seine Schuld und die Erdenschwere seines Leids in eine freie, lichte Sphäre. „Nornegast" nannte der Meister sein letztes Drama .dessen Staff er einer alten nordischen Sage entnahm. Nornegast ist ein tapfrer Held, dem die Nornen, seine Heilsverwalterinnen, bei seiner Geburt mit Mut und Kraft, Redekunst und Gesangesgabe ausstatteten, aber deren letzte ihm das Lebenslicht schenkte, mit dessen Erlöschen sein Leben von ihm fliehen wird. Dank dieser Gaben ist es ihm als Sieger gelungen, im Kampfe Jngjald Jllrädes, des Königs von Upland blonde liebliche Tochter zu erringen. Der König ver sucht von dem Recken, der wohl Gaben eines wackeren Kämpen, aber keine großen irdischen Reichtümer, kein Königreich besitzt, durch List seine Tochter zurückzu gewinnen. Aber Nornegast bleibt der Sieger unv entführt Synövc, die ihm willig folgt, zwar einen geheimen Abscheu vor dem häßlichen einäugigen Recken empfindend, aber begeistert von seinem heldenmütigen Verhalten, seinen hohen seeli schen Eigenschaften. Jngjald aber plant mit Raban, dem schönen Prinzen von Schonen, der mit seiner Wer bung um Synöve zu spät kam, einen hinterlistigen Plan, um seine Tochter zurückzugewinnen. Die Schön heit des Prinzen wird nicht ohne Eindruck auf die schönheitstrunkene Synöve bleiben können, der Prinz soll seine ganze Macht auf Synöve auszuüben ver- j suchen und während Jngjald und Nornegast auf der - Jagd sind, Synöve entführen. Der Plan gelingt fast, wir sie gedacht. Der sorglose, vertrauensvolle Norne- gast hat während einer trauten Liebesstunde seinem Weibe sein Lebenslicht anvertraut, j So ist sein Leben in der Hand eines schwa- ! chen Weibes. Da tritt der Prinz von Schonen in ihr Leben. Sein Einfluß ist so groß, daß Synöve allzu schnell die Treue vergißt, die sie Nornegast geschworen. Ihr Gatte kehrt heim, früher als sie gedacht, und über rascht die beiden Liebenden. Ein Zweikampf soll ent scheiden. Die treulose Synöve entzündet ihres Gatten Lebenslicht. Ragan aber fällt, bevor das Licht her unterbrannte. Nornegast kehrt als Sieger heim, er sieht das brennende Licht: „Das mordet mich — nicht, ! daß die Flamme sinkt, — daß d u es warst", ruft er aus und stürzt fort, um auf wilder Fahrt über das l sturmaufgepeitfchte Meer den erlösenden Tod zu suchen. ! Aber derselbe Sturm fährt durch die Halle, in der ganz -zusammengesunken die von Neue fast verzweifelte Sy- ' növe kauert und löscht das Licht. So bleibt der 1 Kämpfer um Wahrheil und Recht am Leben und ge winnt gerettet das sichere Ufer. Synöve lebt fort, ein Leben der Sühne für ihre treulose Tat. Es sind Szenen voll dramatischer Wucht und spannender Gewalt, die Fahrenkrog uns in diesem Drama geboten hat, das den 'Sieg der Wahrheit über den Lug und Trug der Zivilisation künden soll. Norne gast, der Natursohn, trägt dank seiner Nornengaben den Sieg über die glatte einschmeichelnde Hinterlist Ragans davon, der gleichsam den Vertreter eines äußerlich verfeinerten aber innerlich unwahren Kul turlebens darstellt. Man entbehrt an der Charakter- Zeichnung der Frauengestalt die straffe Durchführung und psychologische Klarheit. Es hätte stärker betont werden müssen, daß nur Bewunderung für die geisti- gen Eigenschaften des Helden Synöve an Nornegast band, und daß sie sich in ihrer Liebe physisch nicht be friedigt fühlte. Die Liebesszene aber in der Lieblich' feit ihrer Darstellung verrät nur Harmonie und völli gen Glauben Synöves an ihre Liebe zu Nornegast Nur Nornegasts grenzenloses Vertrauen und die Sorg losigkcit, mit der er seinem Weibe das Lebenslicht an vertraut, lassen rein äußerlich die tragische Enttvist- lung ahnen, aber nicht aus der Psyche Synöves her aus verstehen. In dieser Beziehung mag Fahren krog einen Mißgriff getan haben. Der Leser glau^ nicht an den plötzlichen Eefiihlsumschwung der Sş növe, da er nur durch das Wort Jngjalds vorbereite' wird: „Nun ist, da eben Nornegast noch Sieger blic^ nicht ausgeschlossen, daß ihr Herz von ihm besangt wäre. Daß sie ihn lieben sollte, kann ich mir nick? denken. Ein Mensch, wie er, so aller Schönheit bcG Ich kenn doch mein schönheitstrunkenes Töchterlein- Aber ein solches Wort gleitet vorüber, der Leser glaķ erst daran, wenn er es miterlebt. Zwar fühlt er di Wirkung des schönen Prinzen auf Synöve mit, ab^ die Erinnerung an die reizende Liebesszene zwisch^ Synöve und Nornegast ist zu frisch und war zu wê' um an Synöoens schnelles Vergessen zu glauben. DE ist eine Schwäche des Kunstwerks, das im übrigen großer Wirkung auf jeden Kunstgenießenden sein w»- Zum Schluß fügen wir noch als Probe seiN' Lyrik, die vornehmlich Gedankenlyrik ist, ein Fahr^' krogfches Gedicht aus der Anthologie „Die heilig Erde" an: Das Lied vom Einssein. So hab ich Hand in Hand mit dir gesessen Und fühlte meine Seele in der deinen Und spürte unter ragenden Zypreffen Zwei Seelen stumm zu einer sich vereinen. So hab ich Herz an Herz mit dir gesungen Das Lied vom Einssein und vom Selbstoergķ' Mir war's — als ob wir so in llrerinnerung^ Seit Ewigkeiten Hand in Hand gesessen. i c. Pr. Druck Zur Orientierung über Fahrenkrog» Bücher dtt folgende Liste: 1. Baldur, Drama. Verlag von Greiner & Pftķ Stuttgart. Pr. 3,00 Jl. 2. „Wölund", Drama, im selben Verlag. Mark. Beides prachtvoll ausgestattete legungen mit Buchschmuck vom Verfasser. . 3. „Nornegast", Drama, im Druck befindlich ^ 1 Bühnenverlag „Harmonie", Berlin. st 4. „Die heilige Erde". Ein Hausbuch für ^ . Menschen. München, Ernst Reinhardt $ cr Preis 3 JL Eine wertvolle modernen Dichtungen: Außer live Sammlung v „ Gedichten ^ Fahrenkrog finden sich darin Verse von Del l Otto Einst. Gustav Falke, Fläischlen, «">